von Dr. Fabian Fechner und Silke Newig
Die gesellschaftliche Bedeutung von Erinnerungskultur und Geschichtspolitik wird selten so offenkundig und vor Ort greifbar, wie in Kontroversen um die Umbenennung von Straßen. Aktuelle Debatten füllen nicht nur die Feuilletons. Anwohner*innen engagieren sich, Initiativen werden gegründet, Politiker*innen positionieren sich. Es wird darüber verhandelt, wie und an wen erinnert werden soll oder darf. Straßenumbenennungen als Formen kommunaler Gedenkpraxis verweisen auf nationale Erinnerungsdiskurse, sind aber ebenso eng mit (kommunal-)politischen und zivilgesellschaftlichen Erinnerungsformen verflochten.
Der Aushandlung der Erinnerung am Beispiel der Stadt Hagen widmete sich im Sommersemester 2021 bzw. Sommersemester 2022 ein Seminar, das von fünf Lehrenden aus dem Historischen Institut und dem Institut für Biographie und Geschichte durchgeführt wurde (Fabian Fechner, Florian Gregor, Eva Ochs, Dennis Schmidt und Barbara Schneider). Unterstützt wurden die Lehrenden der FernUniversität vom Hagener Heimatbund und dem Stadtarchiv Hagen. Orientiert am Konzept des forschenden Lernens wurden anhand der Archivarbeit mit unterschiedlichen Quellen Konjunkturen von Straßenumbenennungen in den Blick genommen und in ihren historisch-politischen Kontext eingeordnet. Hierbei ist für den Seminaransatz wichtig gewesen, dass Straßennamen sehr rasch Veränderungen in der Erinnerungskultur sichtbar machen – sehr viel schneller als (kosten- und planungsintensivere) Denkmäler und Museen. Zugleich helfen sie, das Aufmerksamkeitsgefälle zwischen „Metropole“ und „Provinz“ aufzubrechen. Straßennamen gibt es eben überall, sodass alle Studierenden an einem selbstgewählten Ort, egal wo und wie groß, zu einem selbst gewählten Thema forschen konnten.
Ein zentrales Seminarziel war, die Ergebnisse digital öffentlich zugänglich zu machen. Bei der inhaltlichen, gestalterischen und technischen Umsetzung dieses Vorhabens half das am ZLI angesiedelte Projekt bne:digital.nrw. Ausgangspunkt der Kooperation waren Gespräche über Erinnerungskultur sowie postkoloniale und globalgeschichtliche Perspektiven, wie sie auch im Kontext von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) behandelt werden.
Sichtbares Resultat der Zusammenarbeit ist die Website How-to Straßennamen? Handreichung zur Erkundung örtlicher Erinnerung. Es handelt sich um eine Art One-Pager, der mit verschiedenen Kapitelabschnitten arbeitet und sich an den Prinzipien des nachhaltigen Webdesigns orientiert. Dadurch soll der digitale ökologische Fußabdruck verringert, Ressourcen geschont sowie soziale Teilhabe gestärkt werden. Für die Website bedeutet dies:
- effektiver Code
- sinnvolle Nutzer*innenführung
- bewusste Wahl von Schriftarten
- optimaler Einsatz von Bildern
- achtsamer Einsatz von Videos (und Audios)
- Nutzen von Caching-Techniken
- Berücksichtigung der Barrierefreiheit
- Datenschutzkonformität
- Gemeinwohlorientierung
Um die Serverlast und die übertragene Datenmenge zu reduzieren, werden die Inhalte erst dann geladen, wenn sie durch Scrollen oder Nutzen eines Ankerlinks in den sichtbaren Bereich gelangen. Zudem erhalten die eingebetteten Videos einen Disclaimer, der nicht nur auf die notwendige Einwilligung zur Datenschutzerklärung hinweist, sondern auch für eine umweltbewusste Nutzung sensibilisiert, indem das Video erst per Klick aktiviert wird. Nicht zuletzt kommt der sparsame Umgang mit Daten dadurch zum Ausdruck, dass durch die Verwendung des Webanalyse-Tools „Koko Analytics“ die Privatsphäre der Nutzenden bestmöglich geschützt wird.
Eine weitere Aufgabe bestand darin, im Sinne der Barrierefreiheit sinnvolle Alternativtexte für die historischen Fotografien kontextsensitiv zu formulieren. Dies führte zu einer ausführlicheren Beschäftigung zum einen mit den Inhalten und zum anderen mit dem Schreiben von guten Texten. Hier war die Unterstützung der Autor*innen zur Prüfung der Texte essenziell, da der fachlich-inhaltliche Fokus bei der Bildbeschreibung eine entscheidende Rolle spielt.
Die Website richtet sich in erster Linie an Lehrkräfte und Schüler*innen an weiterführenden Schulen sowie an Geschichtsvereine bzw. -interessierte. Für eine weite und rechtssichere Verbreitung der Website-Beiträge stehen diese Inhalte unter der Creative Commons-Lizenz CC BY-ND 4.0.
Die Website ist zu finden unter: https://strassennamen.fernuni-hagen.de/