Publikation
- Titel:
- Diagnostic Monitoring of Clinical Time Series
- AutorInnen:
- Friedrich Steimann
- Kategorie:
- Monographien
- erschienen in:
- Dissertation (Technische Universität Wien, Wien 1995)
- Abstract:
Mit der Verfügbarkeit einer ständig zunehmenden Anzahl technischer Geräte und Verfahren zur Patientenüberwachung stellt sich unweigerlich das Problem der Interpretation der gemessenen Werte. Klinische Zeitreihen, wie sie auf Intensivstationen und im Operationssaal, aber auch bei der Beobachtung ambulanter Patienten anfallen, bedürfen einer anspruchsvolleren Auswertung als die Momentaufnahme im Rahmen einer einmaligen Konsultation.
In der vorliegenden Arbeit wird das allgemeine Problem der diagnostischen Interpretation klinischer Zeitreihen in einen theoretischen Rahmen eingebettet, der die Synthese problemspezifischer, die Befunde selbst interpretierender Monitore erlaubt. Mit der praktischen Umsetzung dieses Rahmens können Systeme und Methoden unterschiedlichsten Ursprungs, darunter aus der künstlichen Intelligenz, der Signalverarbeitung und der Zeitreihenanalyse, zu einem heterogenen Monitor verbunden werden, der die Transformation automatisch und manuell erhobener Befunde in zeitlich stabile Abstraktionen oder Diagnosen durchführt.
Als Neuerungen werden Methoden zur Trenderkennung auf der Basis unscharfer Parameterverläufe und zur Verfolgung typischer Krankheitsverläufe mittels unscharfer Automaten vorgestellt. Beide Ansätze lösen jeweils ein zentrales Problem der klinischen Patientenüberwachung: Die Trenderkennung extrahiert solche Symptome, die allein in der zeitlichen Entwicklung bestimmter Parameter erkennbar werden, während die unscharfen Automaten die Beobachtungen im Kontext des bereits geschehenen, also des Krankheitsverlaufs interpretieren. Beide Ansätze bedienen sich der Theorie der unscharfen Mengen von Lotfi A. Zadeh und gestatten damit eine stufenlose Differenzierung zwischen nicht vorhandenen und vorhandenen Symptomen sowie die Darstellung des fließenden Übergangs von einem Krankheitsstadium zum nächsten.
Um die Praktikabilität des gewählten Ansatzes unter Beweis zu stellen, werden verschiedene Experimente durchgeführt. Aus dem Anwendungsgebiet der Intensivmedizin wird eine Anzahl kleinerer Monitore vorgestellt, die sich die Interpretation in kurzen Abständen automatisch erhobener Daten zur Aufgabe machen. Die Daten stammen von einer Patientin mit dem Atemnotsyndrom des Erwachsenen (ARDS) und von einer Reihe von Patienten, die von der künstlichen Beatmung entwöhnt werden sollen. Besondere Betonung liegt auf der Verwendung verschiedener Varianten der Trenderkennung und der Modellierung etwaiger Komplikationen durch endliche Automaten.
Die Experimente zeigen, daß mit Hilfe der vorgeschlagenen Monitore eine Reduktion großer Informationsmengen auf ein überschaubares Maß möglich ist. Durch die Berücksichtigung medizinischer Unschärfen zeichnen sich zudem sich anbahnende Veränderungen im Zustand des Patienten frühzeitig ab, so daß ein rechtzeitiges Eingreifen ermöglicht wird.
Ein anderes Beispiel für die Notwendigkeit der diagnostischen Interpretation klinischer Zeitreihen ist die Überwachung ambulanter Patienten. Die Methode zur Trenderkennung wird daher zusätzlich bei der Reihenuntersuchung Schwangerer auf postkonzeptionelle Erstinfektion mit dem Parasiten Toxoplasma gondii erprobt. Dieses Einsatzgebiet unterscheidet sich vom intensivmedizinischen in erster Linie durch die mangelnde Verfügbarkeit dichter, das heißt in ausreichend kurzen Abständen gemessener Daten. Mit der fehlenden Information wächst die Unsicherheit in der Diagnose, die nun nicht nur die allgemeine individuelle Variabilität serologischer Verläufe, sondern auch die Unbestimmtheit eines konkret vorliegenden Verlaufs in Betracht ziehen muß.
Experimente, die mit den Untersuchungsergebnissen von 1000 Schwangeren durchgeführt worden sind, zeigen, daß die auf die automatische Trenderkennung gestützte Diagnose eine hohe Übereinstimmung (98,2%) mit der des Labors hat, wenn alle Daten zur Verfügung stehen.
Eine Diskussion des gewählten Ansatzes im Vergleich mit anderen Arbeiten sowie eine Bewertung der Kosten und Nutzen der Verwendung unscharfer Mengen schließen die Arbeit ab.
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