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Ireneusz Pawel Karolewski , Professor der Universität Wroclaw

„Democratic Backsliding"

Termin: 17.05.2018

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Kürzlich sprach der amerikanische Politologe und EU-Experte Dan Kelemen vom „anderen EU-Demokratiedefizit“ der Europäischen Union. Damit meinte er das wachsende Demokratiedefizit innerhalb einiger Mitgliedstaaten, das unausweichlich zum Autoritarismus führt und dem nur durch die demokratisierende Wirkung der EU beizukommen sei. Die politischen Entwicklungen in Ungarn, Rumänien, Polen, Spanien, Malta und kürzlich der Slowakei stellen die Demokratietheorie, aber auch die EU-Studien vor eine drängende Frage: In welchem Ausmaß haben wir es in diesen Ländern mit einer Ent-Demokratisierung russischen und türkischen Typs zu tun und wo liegen die Ursachen für diese Prozesse?

Vor diesem Hintergrund setzt sich der Vortrag von Prof. Dr. Ireneusz P. Karolewski am Beispiel von Ungarn und Polen mit dem Phänomen des „Democratic Backsliding“ auseinander. Zunächst werden knapp die in beiden Ländern seit 2010 implementierten und kontrovers diskutierten Verfasssungsreformen sowie die Reaktionen der Europäischen Union darauf dargestellt. Anschließend wird die These diskutiert, dass wir möglicherweise mit einem globalen Trend konfrontiert sind, der eine Transformation der Demokratie (Robert Dahl) von der Polyarchie zur „illiberalen Demokratie“ markiert. Als Ursache dieser Entwicklung wird eine These von Francis Fukuyama aufgegriffen, die den Verfall von politischen Ordnungen auf zwei Faktoren zurückführt: Zum einen auf eine gegebene institutionelle Rigidität und zum anderen auf Vereinnahmung des Staates durch Partikularinteressen („state capture“).

Der Vortrag von Herrn Karolewski verspricht wichtige Einsichten in die vergleichende Verfassungsentwicklung im Spannungsfeld von Verfassungsnorm und Verfassungsrealität. Damit knüpft der Vortrag an einen zentralen Forschungsschwerpunkt des DTIEV unmittelbar an und lässt somit wichtige Impulse für die interdisziplinäre Analyse von Verfassungsreformen, ihrer Ursachen und Folgewirkungen erwarten. Dabei handelt es sich zugleich um ein außerordentlich brisantes Thema, wenn konstitutionelle Reformen nicht auf eine Stärkung politischer Freiheiten abzielen, sondern stattdessen die zielgerichtete Aushöhlung verfassungsrechtlicher Vorkehrungen gegen Willkürherrschaft anstreben.

Vita

Ireneusz Pawel Karolewski ist seit 2009 Professor für Politikwissenschaft am Willy Brandt Zentrum für Deutschland- und Europastudien der Universität Wroclaw. Er studierte Politikwissenschaft (1990-1995), promovierte („Osterweiterung der EU“) und habilitierte sich („Citizenship and collective identity un Europe“) an der Universität Potsdam, wo er auch von 1999 bis 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Theorie war. Seit 2007 war er mehrmals Gastprofessor und Gastwissenschaftler in Europa, Nordamerika und Asien, unter anderem an der Harvard Universität, Universität Montreal, New York Universität, Hebräischen Universität Jerusalem, Universität von Kalifornien in Santa Barbara und der Pondicherry Universität in Indien sowie am Institut des Sciences Politiques in Lille. Karolewskis Arbeitsgebiete sind europäische Integration, Nationalismus in Europa, kollektive Identitäten, Bürgerschaft/Bürgergesellschaft sowie EU-Außenpolitik. Er ist Autor und Mit-Herausgeber mehrerer Bücher, z.B. European Identity Revisited (Routledge, 2016), Extraterritorial Citizenship in Postcommunist Europe (Rowman & Littlefield, 2015), Civic resources and the future of the European Union (Routledge, 2012 und 2014), The Nation and nationalism in Europe (Edinburgh University Press, 2011) und Citizenship and collective Identity in Europe (Routledge, 2010).

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