Termin: 13.07.2017
Der Vortrag erkundet, in welcher Weise die Verfassungsgerichtskomparatistik, die sich weitgehend auf die Rechtsvergleichung von Kompetenzen und Verfahren beschränkt, mit einem an der Rechtssoziologie geschulten Ansatz weiterentwickelt werden kann. Implizit wird der die Verfassungsgerichtskomparatistik in der letzten Zeit dominierende politologische Ansatz, den in erster Linie die Rolle von Verfassungsgerichten als politische Akteure interessiert, kritisiert. Mithilfe der empirischen Verfahrensforschung, die die Beschränkungen der älteren Rechtssoziologie in Gestalt der behaviouristischen Richtersoziologie überwindet, werden Verfassungsgerichte als Gerichtsorganisationen untersucht, in denen insbesondere die Bearbeitung von Routinefällen den Alltag bestimmen. Mithilfe von litigation theory, die an Konfliktforschung (dispute processing) anknüpft, werden Mobilisierung, Entscheidungsfindung und Wirkung als drei Phasen der Konfliktverarbeitung unterschieden. Dieser Ansatz bildete den vergleichenden Rahmen für die Studien, die in dem Band Rogowski/Gawron (eds.) Constitutional Courts in Comparison (Oxford/New York 2016) versammelt sind. Der Vortrag stellt Herangehensweise und Ergebnisse dieses Projekts vor.