Kongress in Peru: „Hegel und die Wissenschaften“

Im Rahmen des Netzwerks FILORED fand in Mitverantwortung der FernUniversität der dritte deutsch-lateinamerikanische Hegelkongress in Lima und Cusco statt.


Saal voller Tagungsgäste Foto: Hoffmann/Privat
Plenarvortrag zu Hegels Logik von Prof. Stephen Houlgate, Warwick (UK)

„Dieser Kongress hat zwei Jahre auf sich warten lassen – um so schöner, bunter und lebendiger war das lang ersehnte, international wahrgenommene Ereignis mit seinen rund 100 Beiträgen in diesem Jahr!“ Mit diesen Worten blickt Prof. Dr. Thomas Sören Hoffmann vom Institut für Philosophie der FernUniversität dankbar auf ein seit fünf Jahren vorbereitetes Großereignis zurück: Der Forscher war Mitorganisator des nun schon dritten deutsch-lateinamerikanischen Hegelkongresses in Peru. Sein peruanischer Kollege Prof. Dr. Miguel Giusti, der Gastgeber der Veranstaltung, ergänzt: „Es war eine große Genugtuung zu sehen, mit welcher Begeisterung so viele Kollegen aus aller Welt nach Peru, in die Städte Lima und Cusco und damit in die kulturellen Welten, für die diese Städte stehen, gereist sind, um endlich in Präsenz den FILORED-Hegelkongress zu begehen, den wir wegen der Pandemie so lange hatten verschieben müssen“.

Forum der Hegelforschung in Lateinamerika und darüber hinaus

Geladen hatte zu dem Kongress das deutsch-lateinamerikanische Forschungs- und Promotionsnetzwerk FILORED, dem inzwischen zwölf Universitäten angehören und dessen zentrale Anlaufstelle in Hagen angesiedelt ist. Der Kongress wollte bei Hegels 250. Geburtstag anknüpfen, der im Jahre 2020 gefeiert wurde. Er fokussierte deshalb die Frage: Was ist Hegels genaues Verständnis von Philosophie als Wissenschaft – einer Wissenschaft, die sich ihm zufolge selbst wieder in verschiedene Wissenschaften gliedert? Und was hat Hegel zum Verhältnis der Philosophie zu den nicht-philosophischen Wissenschaften zu sagen? Was lernen wir daraus auch für unsere akademische Welt?

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Der Kongress ging diesen Fragen in 21 Hauptvorträgen, in zwölf Sektionen und dazu zahlreichen Buchvorstellungen nach, die nicht zuletzt die neuere lateinamerikanische Hegelliteratur zum Gegenstand hatten. Hauptrednerinnen und -redner aus Deutschland und Frankreich, aus Großbritannien, den Niederlanden, Österreich, Italien oder den USA trafen auf Kolleginnen und Kollegen aus Mexiko und Kolumbien, aus Peru und Chile, Brasilien und Argentinien. Aber auch frisch Promovierte und junge Postdocs engagierten sich in Diskussionen, die noch jenseits der Hörsäle fortgesetzt wurden. „Es ist nach meinem Eindruck genau zu jenem fruchtbaren Austausch zwischen der internationalen Hegelforschung und der lateinamerikanischen Hegel-Rezeption gekommen, den FILORED im Interesse beider Seiten fördern und, wo nötig, initiieren will“, bemerkt Dr. Fernando Moledo, der am Lehrgebiet von Prof. Hoffmann die FILORED-Aktivitäten moderiert. „Auch die auf den ersten Blick etwas gewagte Idee, den Kongress nicht nur in Lima, sondern in einem zweiten Teil in der alten Inka-Hauptstadt Cusco stattfinden zu lassen, hat sich als absolut richtig erwiesen“, so Moledo weiter. „Interessanterweise war gerade in Cusco der Zustrom von offenbar auf Hegel neugierigen jungen Studierenden, die dem Kongress beiwohnen wollten, am größten!“

Foto: M. Gottschlich/Privat
Prof. Hoffmann (re.) bei seinem Eröffnungsvortrag, auf dem Podium Prof. Miguel Giusti

Auszeichnungen für Jung und Alt

Neu gegenüber den früheren Deutsch-lateinamerikanischen Hegelkongressen waren zwei Elemente, die auf großen Anklang stießen. So waren lateinamerikanische Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler im Vorfeld des Kongresses eingeladen worden, an einem Essay-Wettbewerb teilzunehmen, der der Hegelrezeption in Lateinamerika gewidmet war. Eine internationale Jury hatte blind 30 Einsendungen zu beurteilen – ihre Wahl fiel auf Dr. Pedro Sepúlveda aus Santiago de Chile und damit auf den ersten Promovenden im Doppelpromotionsprogramm von FILORED überhaupt. Zugleich waren die lateinamerikanischen FILORED-Mitglieder aufgefordert, für eine Ehrung im Zusammenhang des Kongresses eine Persönlichkeit zu wählen, die sich um die Hegelforschung in Lateinamerika besondere Verdienste erworben hat. Die Wahl fiel auf Prof. Dr. Jorge Aurelio Díaz (*1938), Emeritus der Universidad Nacional de Colombia in Bogotá und verdienten Hegelinterpreten und -übersetzer, der nach einer Laudatio durch Prof. Miguel Giusti einen Plenarvortrag zum Begriff des „absoluten Wissens“ bei Hegel hielt.

Der Kongress wurde auf Hagener Seite unter anderem von der Forschungsförderung der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften unterstützt, andere Fördermittel stammten von italienischen und französischen Institutionen und nicht zuletzt von der einladenden Päpstlich-katholischen Universität Peru (PUCP) in Lima. Im nächsten Schritt werden die Kongressbeiträge in zwei Publikationen zugänglich gemacht werden, die 2023 vorliegen sollen. „Und auch mit der Planung des nächsten FILORED-Kongresses haben wir schon begonnen“, berichtet Prof. Hoffmann. „Er wird aller Voraussicht nach 2024 in Brasilien stattfinden.“

Presse | 21.11.2022