Wie wird unser Energiemarkt in Zukunft aussehen?

Seine Forschung trifft in der Energiekrise einen Nerv – die neue Juniorprofessur der FernUniversität von Dr. Michael Bucksteeg legt ihren Schwerpunkt auf die Energiewirtschaft.


Für Jun.-Prof. Dr. Michael Bucksteeg beginnt eine sehr aufregende Zeit – er ist gerade in Elternzeit und bereitet sich nebenbei schon auf seine Juniorprofessur im März 2023 vor. Diese ist an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der FernUni verankert. Seine Forschungsthemen sind hochaktuell. Das Stichwort Energie begegnet uns gerade täglich in den Nachrichten – es wird ein flächendeckender Gas- und Strommangel befürchtet. Ein Problem, das jeden von uns betrifft. Die Preise an den Energiemärkten steigen und Haushalte sowie Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen.

Juniorprofessor Michael Bucksteeg, FernUni-Rektorin Prof. Dr. Ada Pellert und Prof. Dr. Gerrit Brösel (Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft) stehen vor roten Bildern in einem Büro. Michael Bucksteeg hält seine Ernennungsurkunde in der Hand. Foto: FernUniversität
Juniorprofessor Michael Bucksteeg (Mitte) bei seiner Ernennung mit Rektorin Prof. Dr. Ada Pellert und Prof. Dr. Gerrit Brösel (Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft).

Deutschland in der Energiekrise

Michael Bucksteeg forscht vorwiegend zum Thema Strom. „Ich befasse mich schwerpunktmäßig damit, wie zukünftige Energiemärkte aussehen können, um den zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien effizient zu integrieren. Dabei sind auch Wechselwirkungen der Strommärkte mit den Gasmärkten relevant.“ Er beschäftigt sich in seiner Forschung unter anderem mit der Modellierung von Unsicherheit und Instrumenten zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit.

„Wir erleben eine Ausnahmesituation“

Momentan herrschen eine politische Gemengelage und eine große Unsicherheit, was in den kommenden Monaten passieren wird. „Im Grunde erleben wir gerade eine Ausnahmesituation, einen Schock, den man in seinen Ausprägungen so nicht vorhersehen konnte.“ Die Politik wird aus seiner Sicht an vielen Stellen vermutlich „ad hoc“ Instrumente wählen, um die Auswirkungen der Energiekrise kurzfristig abzumildern. Dabei spielen auch sozialpolitische Aspekte eine Rolle. Viele Haushalte und auch Unternehmen können am Ende die hohen Energiepreise nicht zahlen und die Politik muss dieser Situation mit gezielten Entlastungen begegnen. „Langfristig sollte sich der Markt wieder in Richtung normaler Preise bewegen. Dies hängt davon ab, ob Deutschland es schafft, die Risiken im Gasbereich auf mehrere Lieferanten zu verteilen und vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich zu beschleunigen.“

Erneuerbare Energien verändern den Strommarkt

Deutschland hat sich zur Energiewende entschieden und das bedeutet, in Zukunft mehr auf erneuerbare Energien zu setzen. Dabei spielt Unsicherheit eine große Rolle. „Wir sind im Grunde bei erneuerbaren Energien von den Wetterverhältnissen abhängig.“ Es gibt aber Methoden und Ansätze, mit denen der Forscher diese Unsicherheiten abschätzen und modellieren kann. Der zunehmende Anteil der Erneuerbaren Energien bedeutet auch Veränderungen für den Strommarkt. Es gibt nicht mehr nur Großkraftwerke, sondern eine Vielzahl an kleinen Erzeugungsanlagen, Windparks oder Solaranlagen. „Durch die zunehmende Dezentralisierung des Energiesystems werden zukünftig private Haushalte und deren Verhalten eine größere Rolle spielen. Die Erforschung des Investitions- und Nutzungsverhaltens stellt einen weiteren Schwerpunkt meiner Arbeit dar.“

Flexibilisierung des Stromverbrauchs

Für das Gelingen der Energiewende ist ein Umdenken nötig: „Wenn wir an unsere heutige Energiewelt denken, dann sind wir es gewohnt, Strom zu verbrauchen, wann und wo wir möchten.“ Das könnte sich in Zukunft durch ein verändertes Strommarktdesign mit zeitlich und räumlich stärker differenzierten Strompreisen in Verbindung mit intelligenten Stromzählern (Smart Meter) ändern. „Dann befülle ich die Waschmaschine und der Smart Meter entscheidet in Abhängigkeit von Preissignalen, wann die Wäsche startet.“ Um unsere Gewohnheiten nicht ganz ändern zu müssen, helfen uns Batteriespeicher, diese speichern die Energie und wir können trotzdem abends Fernsehen schauen oder kochen. Trotzdem weist der Energieexperte auf weitere Abhängigkeiten im Bereich der erneuerbaren Energien hin. „Fast jedes Solarmodul, was aktuell verbaut wird und auch der Stahl für die Windanlagen, werden aus China oder anderen Ländern importiert.“

Mann steht vor dem Eingang des Universitätsbibliothek Foto: Volker Wiciok
Bucksteeg findet spannende Anknüpfungspunkte für seine Forschung an der FernUni.

Anknüpfungspunkte an der FernUni

Bucksteeg promovierte an der Universität Duisburg-Essen und war im Leitungsteam des Lehrstuhls für Energiewirtschaft. „Ich wollte jetzt den Weg der Juniorprofessur gehen und ich finde eine Vielzahl an spannenden Anknüpfungspunkten für meine Forschung an der FernUni.“ Der 38-Jährige möchte sich gerne in den Forschungsschwerpunkt Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit einbringen. Er beschäftigt sich zudem mit dem Thema Wasserstoff und wie man diesen für den Energiemarkt erschließen kann.

Zwar lehrte und forschte der Energieexperte bisher an einer Präsenzuniversität, aber die Gestaltung der Fernlehre reizt ihn. Durch die Corona-Pandemie sammelte er bereits Erfahrung in der Online-Lehre. Im Rahmen seiner Juniorprofessur wird er zunächst Seminare und Abschlussarbeiten anbieten. Dabei möchte er online wie auch persönlich Kontakt mit den Studierenden aufbauen. „Ich möchte anwendungsorientierte Seminare mit Bezug zu aktuellen energiewirtschaftlichen Themen anbieten und die Inhalte mit den Studierenden gemeinsam weiterdenken.“ Um dafür die notwendigen Grundlagen zu vermitteln, möchte er beispielsweise mit Lehrvideos arbeiten. „Ich freue mich darauf das Lehrangebot der FernUni im Bereich der Energiewirtschaft zu verstärken.“

Blick hinter die Kulissen

Die Praxis kennt Michael Bucksteeg gut. Er war Referent für internationale Regulierung bei einem Übertragungsnetzbetreiber. „Die Arbeit hat mir sehr geholfen, politische Entscheidungsprozesse besser zu verstehen und dadurch weiß ich, welche Fragen die Politik stellt.“ Er tauschte sich im Tagesgeschäft unter anderem regelmäßig mit Vertreter:innen des Bundeswirtschaftsministeriums, der Bundesnetzagentur und Behörden auf europäischer Ebene aus. Auf seine Arbeit an der FernUni freut sich der Juniorprofessor aus Kevelaer am Niederrhein schon besonders. „Ich freue mich auf Transferprojekte und meine Forschung so zu gestalten, dass sie auch Relevanz in der Praxis gewinnt.“