Genderranking deutscher Großstädte

Frauen sind weiterhin in allen kommunalpolitischen Ämtern unterrepräsentiert. Der Trend ist jedoch positiv – wenn auch nicht in allen Parteien und nicht beim Oberbürgermeisteramt.


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Frauen sind weiterhin in allen kommunalpolitischen Ämtern unterrepräsentiert.

Gerade erst war sie wieder groß in der Diskussion: die Frauenquote. Beim Parteitag der CDU waren die Mitglieder in zwei Lager gespalten und diskutierten hart über die Vor- und Nachteile. Letztlich entschied sich eine Mehrheit für das schrittweise Einführen der Quote. Andere Parteien sind diesen Schritt schon vor Jahren gegangen. Dass dies auch Auswirkungen auf die Besetzung von Ämtern in der Kommunalpolitik hat, zeigt das Genderranking deutscher Großstädte. Seit 2008 befasst sich ein politikwissenschaftliches Forschungsteam der FernUniversität in Hagen mit der Repräsentanz von Frauen in den Städten. Jetzt hat es das neue „Ranking deutscher Großstädte 2022 - Repräsentation von Frauen in der Kommunalpolitik“ veröffentlicht.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Dr. Lars Holtkamp und Dr. Elke Wiechmann aus dem Lehrgebiet Politikwissenschaft IV: Politik und Verwaltung der FernUniversität haben im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung untersucht, wie sich die politische Frauenrepräsentanz in den 77 größten Städten Deutschlands mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern entwickelt. „Wir haben die Internetseiten der Großstädte erfasst, statistisch ausgewertet und fehlende Daten durch Vor-Ort-Recherchen ergänzt. Einbezogen haben wir die fünf kommunalpolitischen Führungspositionen Bürgermeisteramt, Beigeordnete, Fraktionsvorsitze, Ausschussvorsitze und Ratsmitglieder“, erklärt Prof. Holtkamp.

Offenbach top, Salzgitter flop

Die Stadt Offenbach übernimmt im fünften Ranking 2022 die Tabellenspitze und verdrängt die sonst eher vorne liegenden Städte Frankfurt am Main und München. Tabellenletzte ist zum wiederholten Mal Salzgitter.

„Als zentrales Ergebnis lässt sich festhalten, dass Frauen nach wie vor in allen Positionen unterrepräsentiert sind. Je wichtiger diese Ämter in der Kommunalpolitik werden, desto stärker ist diese Unterrepräsentanz ausgeprägt“, fasst Dr. Wiechmann zusammen. Auch lassen sich bezüglich der Frauenanteile erhebliche Unterschiede zwischen den Großstädten feststellen.

Portrait von Lars Holtkamp Foto: Hardy Welsch

Einbezogen haben wir die fünf kommunalpolitischen Führungspositionen Bürgermeisteramt, Beigeordnete, Fraktionsvorsitze, Ausschussvorsitze und Ratsmitglieder.

Prof. Dr. Lars Holtkamp

Positiver Trend

Da es seit 2008 bereits das fünfte Genderranking deutscher Großstädte ist, lässt sich über den Zeitraum bis 2022 zudem eine Entwicklung ablesen. Insgesamt ist ein leicht positiver Trend erkennbar, allerdings nicht für alle Positionen und nicht gleichermaßen bei allen Parteien.

Der Frauenanteil im Oberbürgermeisteramt, dem höchsten politischen Amt in der Kommune, sinkt von 17,7% auf 11,7%. Dieses Amt teilen sich vor allem CDU/CSU und die SPD (in 62 von 77 Großstädten).

Bei den Beigeordneten steigt der Frauenanteil am deutlichsten, von 18,5% in 2008 auf 30% in 2022. In 14 von 77 Großstädten führt gar keine Frau diesen Bereich an. Davon liegen neun Großstädte allein in NRW. Insgesamt ist zudem der niedrige Frauenanteil von je 17% in den finanzträchtigen Ressorts wie Wirtschaft und Finanzen auffällig.

Auch die Fraktionsvorsitze (25,7%) und Ausschussvorsitze (31,5%) in weiblicher Hand steigen um je etwa fünf Prozentpunkte im Jahr 2022, allerdings zeigen sich klare Unterschiede nach Parteien: So stellt die CSU bei den Fraktionsvorsitzen keine Frau, die CDU lediglich knapp 16% und die FDP knapp 18%.

Der Frauenanteil unter den kommunalen Großstadträten steigt auf 37,7% (2008: 32,8%). Jedoch zeigen sich auch hier deutliche Parteienunterschiede. So erfüllen die Parteien mit Frauenquoten (Grüne, Linke und SPD) diese durchgängig, während alle anderen Parteien deutlich niedriger liegen.

Portrait von Elke Wiechmann Foto: privat

Je wichtiger die Ämter in der Kommunalpolitik werden, desto stärker ist die Unterrepräsentanz ausgeprägt

Dr. Elke Wiechmann

Einfluss der Frauenquote

Insgesamt bedeutet dieses Ergebnis zweierlei: Erstens zeigt die Analyse, dass die Parteien ohne Quote in allen politischen Positionen deutlich niedrigere Frauenanteile erreichen als die Grünen, die Linkspartei und die SPD. Zweitens wirkt sich die niedrige Repräsentanz von Frauen insbesondere in den Räten auf die Besetzung weiterer politischer Führungspositionen aus.

Elke Wiechmann fasst daher zusammen: „Selbst bei kontinuierlicher Übererfüllung ihrer Quoten können die Parteien mit Quote keinen paritätischen Ausgleich in den Parlamenten bewirken. Die Unterrepräsentanz von Frauen in den Kommunalparlamenten bleibt auch auf Sicht bestehen, selbst wenn sie über die Zeit gestiegen ist. Die Schwankungen sind auch weniger auf die Einsicht säumiger Parteien zurückführen, sondern vor allem auf die Zuwächse der Grünen.“


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Carina Grewe | 21.09.2022