Wie lassen sich Inflationsdynamiken vorhersagen?
Anhand wirtschaftspolitischer Fragen lernen Studierende im Master Volkswirtschaft bald die gezielte Anwendung statistischer Methoden. Das Angebot wird mit 80.000 Euro gefördert.
Zunächst die Corona-Pandemie, dann die russische Invasion in die Ukraine – beides führte zu rasant steigenden Preisen. Wie lange die relativ hohe Inflation noch anhält und wann sie den Zielwert der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent wieder erreichen wird, sind spannende Fragen. Um sie zu beantworten, sind wissenschaftliche Modelle gefragt. Mit ihrer Hilfe lässt sich einschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein gewisses Szenario eintritt, während ein anderes ausbleibt. Studierende im Master Volkswirtschaft haben bald die Möglichkeit, Methoden zur Berechnung solcher Fragestellungen mit wirtschaftspolitischem Bezug anzuwenden.
Möglich macht das die neue Spezialisierung „Empirische Makroökonomik“ an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der FernUniversität in Hagen. Die Lehrstühle für Makroökonomie und Angewandte Statistik haben in dem Zusatzangebot ihre Kompetenzen gebündelt. „Wir verfolgen damit einen ganzheitlichen Lernansatz“, fasst Prof. Dr. Joscha Beckmann die Ausrichtung des Angebots zusammen. Studierende bekommen zunächst ein ganz konkretes Problem vorgelegt – die anhaltende Inflation ist nur eines von vielen –, sollen dann die theoretischen Hintergründe erfassen und anschließend zur Lösung statistische Verfahren zur Anwendung bringen.
Makroökonomie + Statistik
Bezogen auf die Frage, wie zukünftige Inflationsentwicklungen prognostiziert werden können, bedeutet das, zunächst die möglichen Inflationstreiber zu finden. „Konjunkturelle Schwankungen, Lieferengpässe aufgrund der Corona-Krise, die Geldpolitik oder steigende Energiepreise – all das kann Einfluss auf die Inflationsrate nehmen“, benennt Prof. Beckmann die vielen Variablen, die es zu untersuchen gilt. Wie hängen sie voneinander ab und welchen Effekt haben sie auf die Preise? Um das zu beantworten, benötigen Studierende dann ein auf die konkrete Frage abgestimmtes statistisches Skillset.
Das erhalten sie von Prof. Dr. Robinson Kruse-Becher. „An dieser Stelle kommen die Methoden aus der Zeitreihenanalyse, Ökonometrie, Statistik und Datenanalyse ins Spiel“, sagt der Wissenschaftler. Die Studierenden erfahren – um beim Inflationsbeispiel zu bleiben –, wie genau die möglichen Inflationstreiber bei einer Berechnung zu gewichten sind. Für den wahrscheinlichen Fall, dass mehrere Faktoren gleichzeitig verantwortlich sind, werden statistische Verfahren zur optimalen Kombination benötigt, die dann auch zur Prognose verwendet werden können.
Interessant ist der neue Schwerpunkt vor allem für Studierende der VWL, die später empirische Analysen vornehmen möchten. Mögliche Tätigkeitsfelder eröffnen sich in international agierenden Unternehmen, Banken oder Forschungsinstituten. Angesprochen sind Data Analyst:innen, die bereits methodisch fit sind und jetzt eine Verknüpfung zur Praxis herstellen möchten ebenso wie Volkswirtschaftler:innen, die ihre statistischen Kompetenzen erweitern möchten.
Mit 80.000 Euro gefördert
Der Schwerpunkt „Empirische Makroökonomik“ besteht aus jeweils einem Kurs aus der Makroökonomie und einem aus der Statistik. In einem dritten Kurs der Vertiefung laufen die Fäden zusammen. „Wer ganz viel Lust hat, kann dann noch ein weiterführendes Seminar belegen und sogar seine Abschlussarbeit bei uns schreiben“, freut sich Prof. Kruse-Becher auf die ersten Studierenden, die diesen Weg einschlagen wollen. Doch wer die Spezialisierung belegen möchten, muss sich etwas gedulden, er befindet sich derzeit noch im Aufbau.
Gefördert wird die Lehrstuhl-Kooperation der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft mit 80.000 Euro vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW in Kooperation mit der Digitalen Hochschule NRW. Die FernUniversität hatte den neuen Schwerpunkt im Master VWL im Rahmen eines hochschulweiten Wettbewerbs für die Curriculum-4.0-Förderlinie ausgewählt.
Curriculum 4.0
Die Förderlinie Curriculum 4.0 des Landesministeriums für Kultur und Wissenschaft und der Digitalen Hochschule NRW zielt auf die curriculare Weiterentwicklung und/oder Umgestaltung von ganzen Studiengängen oder Pflichtmodulen, die sich aufeinander beziehen. Voraussetzung: Von ihrem Umfang und ihrer Bedeutung sollten sie für das Qualifikationsprofil der Absolvent:innen unter Berücksichtigung der digitalen Transformation prägend für den jeweiligen Studiengang sein. Im Mittelpunkt steht die Kompetenzentwicklung der Studierenden für die digitale Welt.
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