Historisches Institut feiert Geschichtstag

Die Geschichtswissenschaft gestaltete ein digitales Programm für ihre Fernstudierenden. Höhepunkt war die Ehrung der besten Abschlussarbeiten mit dem „Hagener Geschichtspreis“.


Mittelalterliche Zeichnung von Barbarossa und Gefolge Foto: Petrus de Ebulo, Public domain, Wikimedia Commons
Beispiel Barbarossa: Lucia Henke untersuchte in ihrer Abschlussarbeit, wie DDR-Geschichtshandbücher auf den Kaiser blickten.

Eigentlich lädt das Historische Institut der FernUniversität seine Studierenden jedes Wintersemester zur „Geschichtswoche“ auf den Hagener Campus ein – nicht so während der Coronakrise. Als Ersatz für die beliebte Präsenzveranstaltung richtete das Institut jetzt einen digitalen Geschichtstag aus. Im Vordergrund standen auch hier der gemeinsame Austausch und das Kennenlernen: Die Lehrenden im Bereich Geschichtswissenschaft stellten sich und ihre Arbeit in persönlichen Runden vor. Eine große Podiumsdiskussion zu Beginn und eine Preisverleihung am Ende bildeten den feierlichen Rahmen.

Zugeschaltet waren rund 70 Teilnehmende. Institutsdirektor Prof. Dr. Wolfgang Kruse freute sich über die vielen Gäste. „Das Institut ist ein relativ kleines“, konturierte er dessen Profil zu Beginn der Veranstaltung. „Trotzdem verfolgt es den Anspruch, in einem traditionellen, epochenübergreifenden Sinne weltgeschichtlich zu arbeiten – und in einem modernen, weltumfassenden Sinne globalgeschichtlich.“ Es umfasst die drei Lehrgebiete Geschichte Europas in der Welt, Geschichte und Gegenwart Alteuropas und Europäische Moderne. Daran gliedert sich inhaltlich das Institut für Geschichte und Biographie (IGB) an. Zudem soll bald ein viertes Lehrgebiet für Public History entstehen.

Historische Forschung und Lehre an der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften

Lehrgebiet Geschichte und Gegenwart Alteuropas (Leitung Prof. Dr. Felicitas Schmieder)

Lehrgebiet Geschichte der Europäischen Moderne (Leitung Prof. Dr. Alexandra Przyrembel)

Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt (Leitung Prof. Dr. Jürgen G. Nagel)

Institut für Geschichte und Biographie(Leitung Dr. Almut Leh)

Plädoyer für Toleranz, Offenheit und Transparenz

Der hohe Anspruch der Hagener Geschichtswissenschaft zeigte sich auch während der Podiumsdiskussion, bei der Forschende und Studierenden zum Thema „Freiheit der Wissenschaft – Geschichte in der Öffentlichkeit“ miteinander ins Gespräch kamen. Impulse für die Debatte setzten die Leitenden der drei Lehrgebiete und des IGB. Unter anderem ging es um Gesprächsoffenheit auch gegenüber kontroversen wissenschaftlichen Standpunkten. Ein konstruktiver Diskurs könne nur im kritischen Austausch mit allen Seiten bestehen. Weiterhin wurde der notwendige Wissenstransfer in die Gesellschaft diskutiert. Bestenfalls hielte dieser die Waage zwischen allzu großer Simplifizierung und sinnvoller Popularisierung geschichtlicher Themen. Zur Sprache kamen aber auch forschungsimmanente Beschränkungen von Freiheit – zum Beispiel aufgrund von datenschutzrechtlichen Vorgaben oder algorithmischen Verzerrungseffekten bei Recherchen. Methodische Transparenz und gute Dokumentation seien hier besonders wichtig, um den wissenschaftlichen Standard hochzuhalten.

Beste Abschlussarbeiten prämiert

Der Tag gipfelte in der Verleihung des Hagener Geschichtspreises für die besten historischen Abschlussarbeiten 2019 bis 2021. Er wurde zum dritten Mal vergeben, das Preisgeld sponsorte der Lions Club der Hansestadt Attendorn. Dessen Präsident Christian Springob war bei der Verleihung zugeschaltet, um Grußworte an die zwei Preisträgerinnen zu richten: Ariane Dörig Rohdenburg erhielt 200 Euro für ihre Bachelorabschlussarbeit mit dem Titel „Sansibar im 19. Jahrhundert – Gateway im Koordinatennetz von Raum und Macht“. Mit 300 Euro wurde die Masterabschlussarbeit „Geschichte neu schreiben? Das Bild mittelalterlicher Herrscher in Handbüchern der DDR-Geschichtswissenschaft am Beispiel von Otto I. und Friedrich I.“ von Lucia Henke ausgezeichnet. Beide Absolventinnen stellten ihre globalgeschichtlichen Themen in eigenen Vorträgen vor.

Historische Kanone auf Lafette Foto: Erasmus Kamugisha, CC BY-SA 4.0
Britische Kanone in Sansibar: Ariane Dörig Rohdenburgs Bachelorarbeit analysiert die Rolle der Hafenstadt im 19. Jahrhundert.

Kollektive Würdigung

Zudem gratulierte Wolfgang Kruse allen Absolventinnen und Absolventen und sprach von einer „kollektiven Würdigung“. Die zwei besten Arbeiten zu benennen, sei angesichts der hohen Gesamtqualität nicht leichtgefallen: „Die Kommission hatte eine Reihe von sehr guten Arbeiten zur Auswahl, die alle beindruckt haben.“ In den Jahren 2019 bis 2021 gab es insgesamt 72 Abschlussarbeiten mit historischem Schwerpunkt im Bachelorstudiengang Kulturwissenschaften. In den verschiedenen geschichtswissenschaftlichen Masterstudiengängen waren es 53. Auch Dekan und Lehrgebietsleiter Prof. Dr. Jürgen G. Nagel hob die wissenschaftliche Produktivität aller Absolventinnen und Absolventen hervor: „Gerade in unserem Fach sind Abschlussarbeiten durchaus eigene Forschungsleistungen.“ Die nähere Beschäftigung mit ihnen lohne sich. „Manche der Arbeiten erschließen neue Quellen, bringen neue Perspektiven ein und sorgen für interessante Ideen – wovon auch diejenigen, die sie begutachten dürfen, profitieren.“

 

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Benedikt Reuse | 13.10.2021