Damit Menschen gut lernen

Prof. Sandra Hofhues besetzt seit Oktober mit dem Lehrgebiet Mediendidaktik eine Ankerprofessur an der FernUniversität. Die Wissenschaftlerin forscht zu Studierenden und Medien.


Portrait einer Frau Foto: Volker Wiciok
Mediendidaktikerin Prof. Sandra Hofhues

Ihr Werdegang liest sich so, dass eine (akademische) Station konsequenterweise auf die andere folgte: Studium, Promotion, Vertretungsprofessur, Juniorprofessur und seit Oktober 2020 die Professur für Mediendidaktik an der FernUniversität in Hagen, dazwischen Auslandsaufenthalte – und das Ganze mit Turbo. „Das sieht nur so aus, es war nicht alles von langer Hand geplant“, lacht Prof. Dr. Sandra Hofhues (39). „Es kam einfach eins zum anderen“ – weil sie Themen ebenso leidenschaftlich wie gründlich verfolgt.

Wissenschaft oder Wirtschaft?

Tatsächlich hat sie an einer Weiche eine klassische Auswahlentscheidung getroffen: die akademische Laufbahn oder die Karriere in der freien Wirtschaft? Sie entschied sich für die wissenschaftliche Welt – und hat es keine Sekunde bereut. „Nicht eine.“ Bis zu ihrem Masterabschluss war sie zweigleisig gefahren, jobbte unter anderem bei BMW als Studentin im Fach Medien und Kommunikation in Augsburg. „Ich habe eine Leidenschaft für die Praxis und die Uni“, blickt die gelernte Industriekauffrau zurück. Ihre Ausbildung wirkt nach.

Fachlich hat das Studium sie eindeutig geprägt: Damals war die Bologna-Reform frisch umgesetzt, die Uni Augsburg hatte als eine der ersten im Medienbereich auf Bachelor und Master eingeschwenkt. Zu den drei Kernfächern zählten Medienpädagogik, Kommunikationswissenschaft und Medieninformatik. „Für das, was ich heute tue, war diese Fächerkombination relevant.“

Denn heute forscht sie interdisziplinär an den Schnittstellen von Medienpädagogik, -didaktik und Informatik. In ihren aktuellen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekten geht sie vor allem Fragen von Medienbildung als Datenbildung und -kritik nach: im schulischen Kontext mit dem Projekt „All is data (Aid)“, in der beruflichen Erwachsenen- und Weiterbildung mit den Forschungsprojekten „DocTalk“ und „WerteRadar“. Alle Forschungsprojekte sind auch für die Praxis relevant, indem sie diese in unterschiedlicher Art und Weise immer wieder in den Blick nehmen.

E-Learning und Wissensmanagement

Foto: Westend61/GettyImages
Wie Studierende Medien nutzen, ist eine der Forschungsfragen im Lehrgebiet Mediendidaktik.

Schon im Studium kam sie über die Medienpädagogik mit Themen wie E-Learning und Wissensmanagement in Berührung. Für ihre Dissertation übernahm sie ein Projekt, das sich um Lernen durch Kooperation drehte und die Potenziale der Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen auslotete.

Noch während der Promotion wechselte sie nach Hamburg auf eine Servicestelle an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Bereich E-Learning und Blended Learning. Dort entwickelte sie ein Mediencurriculum für Studierende sozialwissenschaftlicher Fächer und setzte dies mit Kolleginnen um. Nur eine Woche nach der Disputation bekam sie ein Angebot für eine einjährige Vertretungsprofessur in Heidelberg: Didaktik der Neuen Medien. Es folgten zwei Jahre auf einer PostDoc-Position für Medien- und Hochschuldidaktik in Friedrichshafen, bevor sie als Juniorprofessorin für Mediendidaktik/Medienpädagogik an die Universität zu Köln kam.

Die fünf Jahre am Rhein waren eine wichtige und abermals prägende Zeit: Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen akquirierte sie insgesamt sieben BMBF-Projekte, drei davon gleich in der ersten Phase ihrer Juniorprofessur. In diesem Jahr hat sie eins davon abgeschlossen: „You(r) Study – wie eigensinnig Studierende digitale Medien nutzen“. Eigensinnig?

Mir geht es auch darum, welche Rolle die Mediendidaktik in Zukunft hat.

Prof. Sandra Hofhues

„An Hochschulen versuchen wir, für alle gültige Strukturen zu schaffen“, beschreibt sie. „Aber wie autonom davon handeln Studierende unter Umständen?“ Das Fazit: Studierende nutzen Medien, um ihr Studium zu meistern, zielorientiert also. Die Ergebnisse sind gerade erschienen im Waxmann-Verlag, „Studierende – Medien – Universität“, für Hofhues selbstverständlich Open Access.

Ankerprofessur an der FernUni

Für die FernUniversität ist die gebürtige Münsterländerin ein Glücksgriff. Sie besetzt eine „Ankerprofessur“, wie FernUni-Rektorin Prof. Ada Pellert es im Ernennungsgespräch zusammenfasste. Zeitlich kommt Hofhues genau richtig. Die Rektorin hat die Initiative Hagener Manifest angestoßen, das für ein neues Verständnis von Lernen wirbt und die Lernenden ins Zentrum stellt – und nicht, wie bisher, die Bildungsinstitutionen. Das unterschreibt Sandra Hofhues mit: „Ich interessiere mich für Studierende, ich beforsche sie.“

Schon ihr eigener Werdegang deutet darauf hin, dass die FernUni und sie gut zusammenpassen werden. Durch ihre Ausbildung hat sie berufliche Erfahrung gesammelt, neben dem Studium im Unternehmen gearbeitet, Fernlehre zum Forschungsgegenstand gemacht und ist praktisch wie theoretisch versiert im Bereich E-Learning: also auf Lehr-, Forschungs- und Managementebene.

„Mir geht es auch darum, welche Rolle die Mediendidaktik in Zukunft hat – nicht nur in der Lehre, sondern in der gesamten Hochschule. Ich möchte künftig beispielsweise mehr hinter Lerngewohnheiten und -routinen blicken oder biografische Übergänge zwischen Bildungsinstitutionen genauer fokussieren“, beschreibt sie. „Außerdem interessiert mich, wie Menschen mit den Anforderungen an sie umgehen, die technisch erzeugte Daten nach sich ziehen.“ Dabei denkt sie auch an die Schattenseiten von Digitalisierung und Digitalität. „Medien sind omnipräsent. Uns fehlt vielfach der Blick dafür, wen wir mit Medien ausschließen.“

Die für Hofhues wesentliche Frage, was Institutionen wie Hochschulen tun können, damit Menschen aus ihrer Sicht gut lernen, ist ebenfalls eine Kernfrage im Hagener Manifest.

Anja Wetter | 21.10.2020