Von Harvard nach Hagen

Julius Weitzdörfer ist Juniorprofessor für Japanisches Recht an der FernUni. Nach seiner Zeit in Harvard forscht und lehrt er nun am Institut für Internationale Rechtsbeziehungen.


Foto: FernUniversität
Der Japanologe und Jurist Julius Weitzdörfer ist neuer Juniorprofessor für Japanisches Recht.

Über die Frage, was die FernUniversität in Hagen mit der vielleicht besten Universität der Welt, der Harvard University, verbindet, muss Julius Weitzdörfer nicht lange nachdenken: „Beide sind Campus-Unis mit kurzen Wegen, beide betreiben erstklassige Forschung zu japanischem Recht.“ Seit dem 1. September leitet er die Abteilung für Japanisches Recht an der FernUni. Sie ist seit 2016 am Institut für Internationale Rechtsbeziehungen angesiedelt, als dessen Co-Direktor der frisch ernannte Juniorprofessor tätig sein wird.

Der gebürtige Pfälzer studierte Japanologie und Journalistik in Leipzig und Tokio, Jura in Hamburg und Shanghai. Stipendien führten ihn an die Universitäten von Kyoto und Frankfurt. Als der Ruf nach Hagen kam, verzeichnete er mit Cambridge und Harvard bereits zwei Elite-Unis in seiner Vita. In Cambridge lehrte und forschte er ab 2013 zu Umweltrecht und globalen Risiken, an die Harvard Kennedy School of Government wechselte er 2019 als Junior Faculty Fellow.

Doch es zog Weitzdörfer zurück nach Deutschland: „In ganz Europa gibt es nur eine Handvoll Professuren auf meinem Gebiet. Die FernUni bietet eine davon und ist eine der wenigen Hochschulen weltweit, an denen die Lehre des japanischen Rechts schon lange institutionalisiert ist. Das war für mich eine einmalige Gelegenheit.“

Japan – ein rechtliches Vorbild

Zu seinem Spezialgebiet, dem Atomrecht, kam Weitzdörfer buchstäblich „by accident“, wie er gern sagt. Seine Doktorarbeit schrieb er noch zu organisierter Finanzkriminalität und Verbraucherkreditregulierung in Japan, als es 2011 zu dem Reaktorunfall in Fukushima kam. Das sei für ihn ein Wendepunkt in der Forschung gewesen: „Seitdem beschäftigt mich die Frage, welche rechtlichen Rahmenbedingungen es braucht, um Unfälle wie diesen in Zukunft zu verhindern, und wie Krisen und Katastrophen effektiv und zugleich gerecht überwunden werden können.“ Mit seinen Ergebnissen möchte er Lösungen bereitstellen, die zum Allgemeinwohl beitragen. Weitzdörfer bewegt sich wissenschaftlich zwischen Risikoregulierung, Technologiepolitik und dem Umweltrecht.

Julius Weitzdörfer Foto: FernUniversität

Die FernUni ist eine der wenigen Hochschulen weltweit, an denen die Lehre des japanischen Rechts schon lange institutionalisiert ist. Das war für mich eine einmalige Gelegenheit.

Julius Weitzdörfer

Die Antworten seines Forschungsdreiklangs könnten gerade für Deutschland spannend sein, „weil in Japan zum einen bestimmte technologische Innovationen früher umgesetzt werden, zum anderen die dortigen Erfahrungen mit Taifunen und Tsunamis wichtige Lehren für das rechtliche und finanzielle Risikomanagement von Extremereignissen bieten, die auch im Rest der Welt künftig häufiger werden“. Anknüpfungspunkte für japanisches Recht gibt es für ihn vor diesem Hintergrund auch im FernUni-Forschungsschwerpunkt „Energie, Umwelt & Nachhaltigkeit“.

Interdisziplinär in der Forschung, international in der Lehre

Von FernUni-Rektorin Ada Pellert bekommt der neue Juniorprofessor bereits in seinem offiziellen Ernennungsgespräch viel Zuspruch. Nicht nur für seine Ideen, in Hagen künftig auch englischsprachige Vorlesungsreihen zum japanischen Recht anzubieten. Auch zur qualitätsvollen Form der Lehre sieht die Rektorin eine gute Verbindung: „In Ihrem Fach eröffnen sich unendliche Möglichkeiten für das Blended Learning, vor allem, wenn Sie alle Kanäle miteinbeziehen.“ Ihre Botschaft, die vorhandene Infrastruktur für digitale Lehre voll auszuschöpfen, nimmt Weitzdörfer gerne an. Von der traditionellen Vermittlung geltenden Rechts möchte er sich ohnehin loslösen, denn Japans Recht ermögliche einen Blick darauf, wie Recht durch kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen geprägt ist: „Was für mich ein viel wirksameres Mittel ist, das Interesse der Studierenden zu wecken, ist praxisrelevante Gerechtigkeitsfragen durchzuspielen.“

Das wird er vorerst hauptsächlich in seinem Homeoffice in Leipzig tun. Doch auch auf die Tätigkeit vor Ort in seinem Büro auf dem Campus in Hagen freut sich der Mann, der nach eigener Aussage noch nie in seinem Leben ein Auto besessen hat. Das braucht er für die kurzen Wege einer Campus-Uni ohnehin nicht – weder vergangenes Semester in Harvard, noch dieses Semester in Hagen.

Sarah Müller | 17.09.2020