Schnittstelle zwischen Politik und Geschlechterfragen
„Gender Politics“ heißt eine neue interdisziplinäre Forschungsgruppe an der FernUniversität. Die Beteiligten wollen unter anderem ein Modul zur Geschlechterforschung entwickeln.
2017 hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen, dass es im Geburtenregister neben der Eintragung als weiblich oder männlich noch eine dritte Möglichkeit geben muss. Seither ist viel passiert: So ist es inzwischen etwa für die meisten Personalabteilungen selbstverständlich, Stellenanzeigen geschlechterneutral zu formulieren – oft mithilfe von Abkürzungen wie „m/w/d“ (männlich, weiblich, divers). Das Beispiel zeigt, welchen großen Einfluss das Thema „Gender“ hat. „Geschlechterfragen treffen einen neuralgischen Punkt unserer Gesellschaft: Sie lösen viele Debatten und Kontroversen aus. Offensichtlich sind sie ein wichtiger Teil unserer politischen Ordnung“, betont Jun.-Prof. Dr. Irina Gradinari. Sie hat an der FernUniversität in Hagen eine neue Forschungsgruppe zu „Gender Politics“ ins Leben gerufen. „Wir wollen die Schnittstelle zwischen Politik und geschlechtlichen Kategorien aus verschiedenen Perspektiven untersuchen.“
Die Juniorprofessorin für literatur- und medienwissenschaftliche Genderforschung leitet den Zusammenschluss von wissenschaftlicher Seite. Ihre Doktorandin Carolin Rolf koordiniert die interdisziplinäre Arbeit der Forschungsgruppe. Dem Vorhaben angeschlossen haben sich bereits Forschende aus zwölf Lehrgebieten der FernUniversität– von der Politologie über die Psychologie, die Philosophie, die Rechtswissenschaft, die Literatur- und Medienwissenschaft bis hin zur Bildungswissenschaft. Schon jetzt beschäftigen sich die Beteiligten auf verschiedene Weisen mit Geschlechterfragen. „Die Gender-Studies sind grundsätzlich ein transdisziplinäres Forschungsfeld“, erklärt Jun.-Prof. Gradinari. Mit Blick auf die Forschungsgruppe geht es nun darum, gemeinsame Handlungsfelder auszuloten: „Wir schauen derzeit, wo es Überschneidungen gibt.“
Abstrakt und konkret
Diese Aufgabe ist alles andere als trivial. So reicht der Radius von ästhetischen Analysen – etwa zur Konstruktion von Geschlechterbildern in bestimmten Filmgenres – bis hin zu empirischen Erhebungen. „Zum Beispiel, wenn die Politikwissenschaft konkret fragt: Wie viele Frauen beteiligten sich an den Kommunalwahlen?“ Trotz der vielen Strömungen innerhalb der Genderforschung hebt Irina Gradinari hervor, dass die FernUniversität ihre Kräfte bündeln sollte: „Wir müssen den aktuellen Prozessen in der Gesellschaft gerecht werden!“
Das mittelfristige Ziel der Gruppe besteht darin, ein gemeinsames antragsfähiges Forschungsprojekt auf die Beine zu stellen. In Nordrhein-Westfalen sieht die Wissenschaftlerin sehr gute Möglichkeiten zur Förderung. Eine Zusammenarbeit mit anderen Universitäten aus NRW findet sie erstrebenswert.
Modul zur Genderforschung
Interesse an dem Gegenstand bestehe jedoch nicht nur im Bereich der Forschung, auch die Fernstudierenden zeigten große Wissbegierde, so Gradinari. Daran schließt sich ein zweites wichtiges Ziel der Forschungsgruppe an: „Wir wollen an der FernUniversität ein interdisziplinäres Gender-Modul aufbauen.“ Die Genderforschung ist ein dynamisches Feld und keine homogene Strömung; ein kompaktes Modul zu entwickeln wird Zeit brauchen. Im Ergebnis soll jedoch ein modernes Lehrangebot entstehen, dass dem neuesten Stand der Wissenschaft gerecht wird.
Veranstaltungen und Treffen
Geplant ist zudem, mit dem Gleichstellungs-Team der FernUniversität an einem Strang zu ziehen – etwa bei der Durchführung von wissenschaftlichen Workshops und Nachwuchskolloquien. Ein wichtiges Austauschformat ist der Lesekreis innerhalb der Forschungsgruppe: „Hier beschäftigen wir uns mit den aktuellen Veröffentlichungen, die Gender und Politik betreffen“, sagt Gradinari. „Die Idee dahinter ist, dass wir uns stetig weiterbilden und gemeinsam in die Diskussion kommen.“