Mehr Spielraum für Fernstudierende mit Behinderung

Die Wanderausstellung Persönliches Budget in der Universitätsbibliothek informiert über finanzielle Förderung von Menschen mit Behinderung. Auch Studierende können profitieren.


Foto: FernUniversität
Claudia Imhoff (r.) über die Studienassistenz. Eine Dolmetscherin übersetzt in Gebärdensprache.

Wieso braucht jemand, der ein Fernstudium macht, eine Studienassistenz? Diese Frage beantwortet Claudia Imhoff sehr oft. Die Hochschulbeauftragte berät behinderte und chronisch kranke Studierende an der FernUniversität in Hagen. Heute berichtet sie im Veranstaltungsraum der Universitätsbibliothek von einigen Erfahrungen, die Studierende bei der Beantragung von Leistungen mit einigen Ämtern gemacht haben. Eine Gebärdendolmetscherin übersetzt ihre Worte. Die Veranstaltung ist barrierefrei.

Gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft

„Der erste Gedanke bei vielen Kostenträgern ist, dass für ein Fernstudium prinzipiell keine Studienassistenz nötig ist“, sagt Imhoff, „dann erkläre ich immer, wie unser Fernstudium aufgebaut ist, dass Mentoriate in Regionalzentren besucht werden können und sich unsere Online-Tools ständig weiterentwickeln.“ Bei der rasanten technischen Entwicklung dürften Studierende mit Behinderung nicht außen vor gelassen werden, damit sie ihr Leben und ihre Bildung eigenverantwortlich organisieren könnten.

Imhoffs Vortrag ist Teil des Rahmenprogramms einer zweitägigen Wanderausstellung in der Universitätsbibliothek der FernUniversität, die sich vor allem mit finanziellen Hilfeleistungen befasst, um eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Und eben dazu gehört auch Bildung. Eine Möglichkeit, Hilfsmittel für die Aus- und Weiterbildung zu beantragen, ist das Persönliche Budget als Teil der Eingliederungshilfe. Anders als konkrete Sachleistungen, die Menschen mit Behinderung bei Kranken- oder Pflegekassen beantragen, ist das Persönliche Budget frei verfügbar für Leistungen einsetzbar, auf die ein Anspruch besteht.

12 Prozent der FernUni-Studis haben eine Behinderung

„Mit dem Persönlichen Budget haben die Studierenden die Möglichkeit, die von ihnen benötigte Unterstützung entsprechend ihren eigenen Bedürfnissen und ihrem eigenen Bedarf zu verwalten“, sagt Imhoff. Das heißt, sie können das Geld auch einsetzen, um damit ihr Studium zu organisieren, wenn die Sachleistungen an ihre Grenzen stoßen, um zum Beispiel eine Studienassistenz zu beantragen.

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Die Wanderausstellung wurde vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben NRW konzipiert.

12 Prozent der FernUni-Studierenden sind chronisch krank oder haben eine Behinderung. Das sind ca. 9.000 der Studierenden. Die Hälfte von ihnen hat eine nicht sichtbare Behinderung wie Autismus, Multiple Sklerose oder Epilepsie. Für sie alle ist die Eingliederungshilfe ein Schritt zu Aus- und Weiterbildung. Diese „Teilhabe an Bildung“ ist in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert und im Bundesteilhabegesetz geregelt.

Drei Jahre nach der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes tritt es am 1. Januar 2020 vollends in Kraft. Unter bestimmten Voraussetzungen können Menschen mit Behinderung dann auch in einem Studium gefördert werden, wenn sie bereits eine Ausbildung abgeschlossen haben. Förderfähig sind ab Anfang des Jahres auch Masterstudiengänge, die auf einem Bachelor aufbauen oder diesen ergänzen. In begründeten Einzelfällen kann Unterstützung für ein Zweitstudium oder eine Promotion beantragt werden.

Inklusion an der FernUni

Im Anschluss an die informativen Vorträge zum Persönlichen Budget, zum Teilhabegesetz und zur Studienassistenz luden die Universitätsbibliothek und die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) Hagen als Veranstalter zur öffentlichen Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Vereinen und Verbänden ein. Christiane Rischer vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Arnsberg stand für weitere Fragen zum Persönlichen Budget zur Verfügung.

„Die Veranstaltung hat dazu beigetragen, die Vernetzung der FernUniversität mit regionalen Akteuren in diesem Bereich zu stärken“, bilanziert Jeanine Tuschling-Langewand von der Universitätsbibliothek. „Das Engagement der FernUni für das Thema Inklusion konnte so auch über die Hochschule hinaus eine Öffentlichkeit finden.“ Die Diskussion lieferte darüber hinaus Impulse, um die Inklusion von Menschen mit Behinderung an der FernUni weiter zu verbessern. Das Inklusionskonzept „Fernstudium ohne Barrieren“ trägt schon jetzt dazu bei, dass etwa Sehbehinderte durch barrierefreie Medien die Studienmaterialien nutzen können.

Durch die seit einem Jahr besetzte Stabsstelle für Inklusion werden die Maßnahmen aus dem Konzept laufend vorangetrieben. „Es ist zwar noch einiges zu tun“, sagt Claudia Imhoff, „doch mit dem Inklusionskonzept haben wir es geschafft, für barrierefreies Lernen und Lehren zu sensibilisieren und auch das ist ein Erfolg.“

Die Wanderausstellung Persönliches Budget kann am 5. Dezember noch bis 19 Uhr in der Universitätsbibliothek besichtigt werden. Die Umsetzung der barrierefreien Veranstaltung wurde maßgeblich durch den AStA, die EUTB und Cochlea Implantat NRW unterstützt.

Sarah Müller | 05.12.2019