Planungsprobleme für komplexe Produktionsabläufe gemeinsam lösen

Das Lehrgebiet Unternehmensweite Softwaresysteme freut sich über die Verstärkung durch Fajun Yang. Der Humboldt-Stipendiat hat sich bewusst für die FernUniversität entschieden.


Zwei Männer stehen nebeneinander und blicken in Richtung Kamera. Foto: FernUniversität
Prof. Lars Mönch freut sich über die Verstärkung durch Fajun Yang.

„Wir wollen gemeinsam Ablaufplanungsprobleme für komplexe Produktionssysteme bearbeiten“, erläutert Prof. Dr. Lars Mönch das Ziel des Forschungsaufenthaltes von Dr. Fajun Yang am Lehrgebiet Unternehmensweite Softwaresysteme. Der Postdoktorand aus Singapur ist Fachmann für Automatisierungstechnik, Regelungssysteme, Robotik und Mechatronik. Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung fördert seinen 18-monatigen Aufenthalt an der FernUniversität in Hagen mit einem Forschungsstipendium.

„Aus meiner Sicht sind Halbleiterfabriken, in denen elektronische Chips hergestellt werden, die kompliziertesten Produktionssysteme“, erläutert Prof. Mönch. „Was wir am Lehrstuhl machen, ist ein Baustein der Vision ‚Industrie 4.0‘. Wenn Halbleiterfabriken zukünftig stärker automatisiert werden sollen, ist die Ablaufplanung ein wesentlicher Bestandteil.“

Herausforderndes Forschungsgebiet

Ein höchst herausforderndes Forschungsgebiet ist die Ablaufplanung, weil sie Hunderte von Maschinen und sehr viele unterschiedliche Produkte mit langen Durchlaufzeiten betrifft. Lars Mönch: „Wenn man das im Griff hat und gute Methoden entwickelt, kann man diese auch auf andere Industriezweige, etwa den Maschinenbau, übertragen.“

(Fertigungs-)Los

In der Produktionsplanung und -steuerung (PPS-System) eine Menge von Teilen einer Teileart, die auf einer Fertigungsstufe als eine dispositive Einheit behandelt und zusammen hergestellt werden (vgl. Wirtschaftslexikon Gabler)

Auf diesem Gebiet ist Mönch seit 20 Jahren tätig: „Unsere Expertisen ergänzen sich hierbei“, erläutert er mit Blick auf Fajun Yang, der sich seit einigen Jahren intensiv mit Cluster-Tools befasst. Das sind „Mini-Fabriken“ mit Maschinen, in denen Lose abgearbeitet werden, die – anders als bei klassischen Anlagen – mehrere Prozesskammern in der Maschine durchlaufen. Entwickelt wurden diese Cluster-Tools, weil man in ihnen kostengünstiger als in einer Halbleiterfabrik hohe Reinraumbedingungen herstellen kann. Eine Halbleiterfabrik hat oft mehrere Hundert davon – zum Stückpreis von bis zu 60 Millionen Euro.

Yang, der zuvor als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Nanyang Technological University in Singapur in einem Industrieprojekt tätig war, befasst sich mit den „Innenleben“ von Cluster-Tools: Wie muss der Roboter bewegt werden, der die Werkstücke bearbeitet? Welches Los muss er greifen und welchen Wafer (eine Siliziumscheibe für Schaltkreise)? „Die Parallelität macht das Ganze kompliziert, weil immer mehrere Lose bearbeitet werden müssen“, so Mönch. Yang hat hierfür Algorithmen entwickelt, die entscheiden, wie Lose in einem Cluster-Tool zu bearbeiten sind. Dagegen hat der Hagener Wissenschaftler Halbleiterfabriken als Ganzes im Auge.

Unvorhersehbare Wartezeiten

Abbildung: Fajun Yang
Wie müssen die Roboter in den Cluster-Tools bewegt werden, um die klasssischen Werkstücke bearbeitet? Der linke hat nur einen Greifarm, der rechts zwei. Die Grafik stammt von Fajun Yang.

Die Bearbeitungszeiten der Lose können innerhalb eines Cluster-Tools aufgrund der Parallelität ihrer Bearbeitung nur schwer abgeschätzt werden. Die Ziele der Steuerung einer Halbleiterfabrik – großer Gesamtdurchsatz der Halbleiterfabrik und hohe Termintreue – müssen auch für die Cluster-Tools gelten. „Die Kernfrage ist: Gibt es innerhalb der Cluster-Tools noch einmal Wartezeiten? Sie sind nicht vorhersehbar“, erläutert Mönch. Bei klassischen Maschinen dagegen sind die Bearbeitungszeiten festgelegt: „Ich weiß: Die Bearbeitung dauert zwei Stunden oder eine. Oder fünf Minuten. In den Cluster-Tools hängt das davon ab, welche Lose parallel bearbeitet werden.“

Das Problem ist seit zwanzig Jahren bekannt. Bisher gibt es aber einerseits nur „isolierte“ Ansätze für das Innere eines Cluster-Tools, womit sich Yang intensiv befasst hat. Und es gibt andererseits – unter anderem von Mönchs Arbeitsgruppe verfolgte – Ansätze, die danach fragen: Wie kann man unter globalen Gesichtspunkten eine Halbleiterfabrik steuern? Wie kann man dort Ablaufpläne entwickeln?

„Wir versuchen, das Ganze ein Stück weit zusammenzubringen, indem wir das ‚Unterproblem‘ des einzelnen Cluster-Tools besser mit dem globalen Ablaufplan koordinieren. Dazu wollen wir verschiedene Methoden ausprobieren, eventuell auch maschinelles Lernen. Wir haben uns sehr gefreut, dass ein Post-Doc mit Förderung der Humboldt-Stiftung zu uns kommt“, freut sich der FernUni-Professor über diese Auszeichnung.

Fajun Yang hatte nach seiner Promotion in China Postdoktorandenstellen in den USA am New Jersey Institute of Technology und in Singapur an der Nanyang Technological University. Prof. Mengchu Zhou, sein Gastgeber in den USA, empfahl ihm, sich bei Mönch zu bewerben, weil beide an ähnlichen Fragestellungen arbeiten.

Inspirierende Atmosphäre

Auch er freut sich über seine erfolgreiche Bewerbung: „Von Prof. Mönch kann ich sehr viel lernen. Deshalb habe ich seine Arbeitsgruppe gewählt.“ Seine ersten Eindrücke von der FernUniversität und von Deutschland: Die Menschen hier sind freundlich, offen und hilfsbereit. „Hier ist es sehr ruhig, daher kann man hier sehr gut forschen. Die Atmosphäre im Team ist hierfür sehr inspirierend.“

„Das International Office der FernUniversität hat sich sehr bemüht, Yang den Start in Deutschland so leicht wie möglich zu machen“, lobt Mönch, „ihn bei der Wohnungssuche und ihn sogar zur Konto-Eröffnung begleitet – das ist ja alles für jemanden aus Singapur, der nur Englisch spricht, gar nicht so einfach!“

Gerd Dapprich | 06.09.2019