Ausstoß von Treibhausgasen mit CO2-Steuer besser regulieren

Die Politik streitet über die Klimapolitik. Der FernUni-Forscher Prof. Thomas Eichner bewertet das Thema aus ökonomischer Sicht und spricht über Emissionshandel und CO2-Steuern.


Portrait Foto: FernUniversität
Prof. Thomas Eichner forscht an der FernUniversität unter anderem zu Klimapolitiken.

Die globale Erwärmung nimmt zu. Die Menschen blasen noch immer zu viele Treibhausgase in die Luft –auch in den Ländern der Europäischen Union. Vor allem CO2 gilt dabei als entscheidender „Klimakiller“. In der EU und ihren Mitgliedstaaten diskutieren Politik und Öffentlichkeit über Maßnahmen, um die Emissionen zu senken. Die Debatte verläuft hitzig. Auch weil in den Augen vieler die Zeit drängt. Damit überhaupt noch die Chance besteht, die weltweiten Klimaziele einzuhalten, muss sich schnell etwas ändern. Auf dem Tisch liegen eine Menge Vorschläge. Unter anderem ist die Rede vom Ausbau des europäischen Emissionshandels und einer deutschen CO2-Steuer.

Auch Forschende der FernUniversität in Hagen befassen sich mit dem Thema – einer von ihnen ist Prof. Dr. Thomas Eichner. Der Ökonom leitet den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbes. Finanzwissenschaft. Zudem arbeitet er im interdisziplinären Forschungsschwerpunkt „Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit“, wo er Klimapolitiken mit ihren vielfältigen Stoßrichtungen analysiert: Manche Maßnahmen wirken auf die wirtschaftliche Nachfrage ein, andere hingegen sollen das Angebot regulieren. „Angebotsorientierte Politiken zielen zum Beispiel darauf ab, das Angebot an fossilen Brennstoffen zu reduzieren“, erklärt Prof. Eichner. „Momentan haben wir eher eine nachfrageseitige Klimapolitik.“

Europäischer Emissionshandel

Ein zentrales Element dieser aktuellen Klimaschutzpolitik ist seit 2005 das europäische Emissionshandelssystem – auch European Union Emissions Trading System, kurz EU ETS, genannt. Hierbei legt die Europäische Kommission eine Obergrenze (Deckel) dafür fest, wie viele CO2-Emissionen ausgestoßen werden dürfen. Dann geben die Mitgliedsstaaten eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen (Zertifikate) teilweise kostenlos, teilweise über Versteigerungen an Unternehmen heraus. Durch den Handel der Zertifikate auf einem Markt bildet sich ein Preis für die Luftverschmutzung.

„Wenn wir Emissionen kurzfristig verteuern möchten, dann werden wir den Weg der Steuer gehen müssen.“

Prof. Thomas Eichner

Entscheidend ist, dass die EU den Deckel für den erlaubten CO2-Ausstoß immer niedriger ansetzt. Thomas Eichner: „Die Gesamtmenge der Zertifikate wird sukzessive heruntergefahren, dafür gibt es einen Fahrplan.“ Nach Ansicht des Forschers ist dieser Weg grundsätzlich richtig. Ohne eine Verknappung verlagern sich die Emissionen nur zwischen den europäischen Ländern, reduzieren sich aber insgesamt nicht.

Allumfassend ist das ETS der Europäischen Union indes nicht, denn in der EU gibt es zwei verschiedene klimapolitische Handlungsbereiche: Der eine unterliegt dem Emissionshandel und schließt die Energiewirtschaft, energieintensive Industriezweige und die Luftfahrt ein. Der andere ist national zu regulieren und beinhaltet zum Beispiel den Gebäude- oder Straßenverkehrssektor. Für diesen zweiten, noch ungeregelten Bereich müsste die CO2-Steuer gelten, sagt Eichner angesichts des politischen Vakuums: „Rund 55 Prozent der Wirtschaftsaktivitäten, die CO2 verursachen, unterliegen nicht dem Emissionshandel.“

Steuern anstatt Klimaschäden zahlen

Die Grundidee ist einfach: „Wenn eine Steuer auf ein Gut erhoben wird, dann macht sie dieses teurer. Die Intention dahinter ist, dass weniger von ihm konsumiert wird.“ Dementsprechend ziele die CO2-Steuer darauf ab, die Emissionen zu reduzieren, indem ein Preis für jede Tonne des schädlichen Treibhausgases eingeführt wird. Dieser muss im Zeitablauf ansteigen. Aus ökonomischer Sicht sei das sinnvoll, betont der Forscher mit Blick auf die „externen Effekte“ – also auf die finanziellen Folgen, die anderenfalls drohen: „Die Klimaerwärmung führt in unterschiedlichen Regionen der Welt zu Schäden, die mit enormen Kosten verbunden sind. Das ist ein Ineffizienz-Problem!“

Rauchende Schlote Foto: J.Castro/Moment/Getty Images
Der europäische Emissionshandel schließt die Energiewirtschaft, energieintensive Industriezweige und den Luftverkehr ein.

Maßnahmen richtig verteilen

Damit alle klimarelevanten Bereiche in der EU preislich abgedeckt sind, hält der Wissenschaftler ein Nebeneinander von CO2-Besteuerung und Emissionshandel für eine durchaus sinnvolle Option. Allerdings müssten die Instrumente dabei sorgfältig aufeinander abgestimmt sein; auf keinen Fall sollten sich ihre Anwendungsfelder überschneiden. „Es würde zum Beispiel keinen Sinn machen, die CO2-Steuer bei der Stromproduktion einzusetzen“, so Eichner. Durch das EU ETS seien die Emissionen in diesem Bereich ja bereits gedeckelt. Würde nun in Deutschland wegen einer Steuer weniger Strom produziert, gingen die CO2-Emissionen im Inland zwar schnell zurück, schössen aber dafür im Rest der EU in die Höhe. „Das wäre nur eine Hin- und Herschieberei“, sagt Eichner. „Das Ganze wäre noch ineffizienter, als es jetzt ist.“

Lassen sich bislang unregulierte Bereiche nicht einfach in den bestehenden Emissionshandel einbeziehen? Grundsätzlich wäre auch das möglich, bejaht Eichner. Allerdings würde dieses Vorgehen zu lange dauern: „Wenn wir Emissionen kurzfristig verteuern möchten, dann werden wir den Weg der Steuer gehen müssen.“ Und Eile sei durchaus geboten: „Die von der Bundesregierung zugesagten CO2-Ziele werden sonst verletzt, Deutschland muss etwas machen. Sonst drohen eventuell auch Strafen!“

Politischer Gestaltungsspielraum

Wie man die CO2-Steuer sozialverträglich ausgestaltet, sei hingegen eine politische Frage: „Es gibt zum Beispiel Menschen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen, und die nicht viel Geld haben. Für sie würde sich der Benzinpreis erhöhen.“ Solche Belastungen lassen sich möglicherweise durch eine Rückerstattung des CO2-Steueraufkommens abmildern. Derzeit sind unterschiedliche Steuermodelle in der Diskussion. „Das ist jedoch nicht so sehr das Problem der Ökonomie“, unterstreicht Eichner seine eigene Rolle als Wissenschaftler. Er halte eher die wirtschaftliche Ineffizienz der Klimaerwärmung im Blick.

Gleichwohl begrüßt der FernUni-Professor, dass sich in der europäischen Gesellschaft offenbar ein Bewusstseinswandel ankündigt. „Es kommt jetzt Druck aus der Bevölkerung. Insbesondere die jüngere Generation sagt: Wir haben ein Problem, das wir angehen müssen! Diese Begeisterung für die Umwelt finde ich gut.“

Benedikt Reuse | 23.05.2019