Digitalisierung verändert Gesellschaften

Forschende der FernUniversität diskutierten mit externen Gästen über den „Wandel der Weltverhältnisse“ und Digital Humanities.


Posieren und posten – für das Selfie in sozialen Netzwerken inszenieren wir uns. Wirkt sich das auf unser reales Ich aus, verkommt es möglicherweise zum Zerrbild? Was ist in der Virtualität überhaupt echt? Welchen gesellschaftlichen Nutzen hat das Netz? Wie verändert die fortschreitende Technologisierung das Verhältnis von Mensch zu Maschine? Diese interdisziplinären Fragen treiben Forschende aus den Kultur- und Sozialwissenschaften sowie der Informatik an der FernUniversität in Hagen um.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieser beiden Fachrichtungen haben sich zum neuen Forschungsschwerpunkt (FSP) „digitale_kultur“ zusammengeschlossen, dessen Auftakt die Tagung „digitale_kultur. Weltverhältnisse im Wandel“ an der FernUniversität in Hagen bildete.

Ein Mann steht an einem Redepult. Foto: FernUniversität
FernUni-Soziologe Prof. Frank Hillebrandt antwortete auf einen philosophischen Vortrag.

Interdisziplinärer Austausch

Die Saat ist aufgegangen. „Die Tagung diente der Sondierung der Themen. Das hat nicht nur funktioniert, es hat auch einen Schub erzeugt“, bilanziert Prof. Dr. Thomas Bedorf, Leiter des Lehrgebiets Praktische Philosophie: Technik, Geschichte, Gesellschaft an der FernUniversität.

Bereits im Vorfeld war die Tagung auf starkes externes Interesse gestoßen. Das Format der Konferenz – auf einen fachlichen Vortrag folgte eine wissenschaftliche Antwort aus einer anderen Fachdisziplin – sorgte für anregende Diskussionen und einen fruchtbaren Austausch. „Ich persönlich habe viele Anregungen mitgenommen. Davon möchte ich nun einiges erkunden und vertiefen“, so Bedorf.

Verhältnis Mensch-Maschine

Das ist genau das Anliegen des neuen FSP: Die Analyse der Gesellschaft, die Diagnostik des Wandels, den Digitalisierung auslöst zu sichten, zu reflektieren, zu erschließen – und: kritisch zu begleiten. Dabei geht es um Digital Humanities: Wenn Maschinen große Datenmengen erzeugen und analysieren, birgt das Potenzial und verändert unter Umständen zugleich die Art des Forschens in verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen nachhaltig.

„Eins ist insbesondere im Auge zu behalten“, schildert Bedorf aus den Diskussionen: „Big Data führen uns statistische Häufigkeiten für bestimmte Phänomene vor. Dabei ist Korrelation allerdings keineswegs Kausalität. Der Schluss auf Ursache-Wirkung-Beziehungen kann alles andere als trivial sein.“ Es droht die Gefahr selbsterfüllender Prophezeiungen oder die Verstärkung bestehender Ungleichheiten. Da ist der Mensch in seiner Urteils- und Entscheidungskraft gefragt.

Daran knüpft ein weiteres Themenfeld des FSP an: Algorithmen und künstliche Intelligenz durchdringen viele Lebensbereiche – wie gestalten wir das Verhältnis zwischen Mensch und Technik? Kann die Gesellschaft aushandeln, autonome Entscheidungsbefugnisse der Maschinen zu erreichen und eine „Ethik der Algorithmen“ zu garantieren?

Zuhörerinnen und Zuhörer sitzen in Stuhlreihen. Foto: FernUniversität
Die Tagung stieß auf großes Interesse.

Themenkanon im Video

„Diesen Fragen wollen wir uns nun stellen, in einzelnen disziplinbezogenen Forschungsprojekten, aber auch in übergreifenden Kooperationen“, skizziert Bedorf das weitere Vorgehen im FSP. Inhaltlich Ideen für den Einsatz in der Lehre haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenfalls schon entwickelt. Zum Beispiel soll es unter dem Titel „Theorie|Apparate“ Videos im Vorlesungsformat geben. Die für den FSP relevanten Theoriepositionen werden von externen und internen Referentinnen und Referenten vorgestellt und dabei etwa anhand eines Apparates veranschaulicht.

Anja Wetter | 13.03.2019