Mobile Learning Day an der FernUniversität
Was sind die aktuellen Trends beim mobilen Lernen? Die zehnte Fachtagung auf dem FernUni-Campus stellte kleine und mittelständische Unternehmen in den Fokus.
Ein Kunde beschwert sich in einer Supermarkt-Filiale, weil das Unternehmen seiner 16-jährigen Tochter ständig Online-Werbung für Umstandsmoden und Babynahrung aufs Smartphone-Display schicke: „Wollen Sie sie dazu ermutigen, minderjährig schwanger zu werden?“ Tags darauf meldet sich der Marketingchef des Unternehmens telefonisch bei der Familie und will sich entschuldigen. Da entgegnet der Kunde kleinlaut: „Nein, ich muss mich entschuldigen. Hier sind offenbar Dinge vorgefallen, die ich nicht wusste. Meine Tochter ist schwanger.“
Der Supermarkt wusste also eher Bescheid als der Vater.
Mit dieser anschaulichen Anekdote zeigte Prof. Andreas Wagener in seiner Keynote auf dem Mobile Learning Day, dass Menschen im Netz Spuren hinterlassen. Für den Wirtschaftswissenschaftler von der Hochschule Hof beeinflusst der Einsatz Künstlicher Intelligenz bereits heute unseren Alltag, „oft ohne dass wir dies bemerken“. Der Trend, so Wagener, werde in naher Zukunft deutlich zunehmen: Daten und Algorithmen und ihre intelligente Anwendung durch autonome Autos, Maschinen und Roboter werden die Bedingungen des wirtschaftlichen Erfolges, aber auch das gesellschaftliche Miteinander maßgeblich bestimmen.
KI im Straßenverkehr: „Woher soll eine Maschine Moral können?“
Stichwort selbstfahrende Autos: In brenzligen Situationen im Straßenverkehr müsse die KI blitzschnelle Entscheidungen treffen, die möglicherweise auch über Leben und Tod entscheiden. „Woher soll die Maschine Moral können? Wie entscheidet sie, wer sterben soll?“, fragte Wagener.
Die Art und Weise, wie Menschen Wissen und Information aufnehmen und verarbeiten, ist durch KI und Datennutzung im Wandel – mit weitreichenden Auswirkungen auch im Bildungsbereich. Prof. Wagener zeigte Risiken, aber auch Chancen für Hochschulen auf: So konnten Forschende am Karlsruher KIT mithilfe von Algorithmen inzwischen potenzielle Studienabbrecher frühzeitig erkennen. Sie nutzen Leistungsübersichten und biographische Daten der Studierenden und die Software sagte nach einem Semester mit hoher Wahrscheinlichkeit voraus, wer Studienabbrecherin oder Studienabbrecher wird.
Zehnte Ausgabe: Der Mobile Learning Day feierte runden Geburtstag
Die Keynote von Andreas Wagener war der Auftakt des zehnten Mobile Learning Day an der FernUniversität, zu dem die Forschungsgruppe Mobile Learning unter der Leitung von Prof. Claudia de Witt geladen hatte. Innovative technologische Entwicklungen und didaktische Konzepte in den Kontexten Hochschule und Wirtschaft sind kennzeichnend für die Fachtagung. In diesem Jahr standen kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) im Fokus, dazu gab es eine Kooperation mit dem Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards und Wisnet. In kurzen Impulsvorträgen gaben Referentinnen und Referenten am Vormittag Einblicke in die Welt des mobilen Lernens in Unternehmen und Hochschulen:
- Prof. Jan Ehlers (Uni Witten-Herdecke) sprach über die Verbindung von (Tier-)Medizin, Studium und Digitalisierung: „Die digitale Transformation des Gesundheitswesens befindet sich an einem Punkt, an dem Roboter die Chirurgen bei Operationen unterstützen. Und Software ist in der Lage, so sicher wie Ärztinnen und Ärzte Diagnosen zu stellen.“ Sind letztere im Zeitalter der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz also überflüssig? „Nein, wir brauchen Ärzte als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine“, sagte Ehlers. Für ihn sei es notwendig, dass Studierende auf eine digitalisierte Welt vorbereitet werden, die sie mitgestalten können. Die Uni Witten-Herdecke passt ihre Studiengänge an die Entwicklungen in der Digital Medicine an.
- Leyla Kolcu präsentierte die Interroll Academy: Dabei erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihres Unternehmens interne Schulungen auf mobilen Anwendungen. „Da die Beschäftigten vorwiegend bei Kundinnen und Kunden vor Ort tätig sind, haben sie Zugriff auf Produktschulungen und Wissen in the moment of need.“ Die Trainings bei Interroll sind indes nicht auf mobile Szenarien beschränkt: Blended learning mit klassischem Unterricht im Schulungsraum spiele nach wie vor eine wichtige Rolle. Leyla Kolcu: „Praktische Übungen und der Umgang mit anderen Lernenden sind durch nichts zu ersetzen.“
- Auf ihrer Lernplattform „Mobile Learning in Smart Factories“ bietet die Nachwuchsstiftung Maschinenbau Ausbilderinnen und Ausbildern einen Weg in die Digitalisierung. Willi Rempel arbeitet in der Ausbilderberatung der Stiftung und skizzierte die Erfolge seiner zweijährigen Projektarbeit: „Gerade in der beruflichen Bildung bietet mobiles Lernen viel Potenzial zur Entlastung der Lehrkräfte. Wichtig ist dabei die intuitive Bedienbarkeit und einfache Struktur, mit der die Ausbilderinnen und Ausbilder didaktische Lernaufgaben erstellen können.“
- Onno Reiners (M.I.T e-Solutions) gelang es schließlich, das mitunter sperrige Thema Datenschutz mit Mobile Learning zu verknüpfen. In seinem Referat „Learning-To-Go – auch für die DSGVO“ führte er aus, wie beispielsweise ein kleiner Weinhändler für die Europäische Datenschutzverordnung sensibilisiert werden kann. In kurzen Lerneinheiten fragt das Programm, welche personenbezogenen Daten der Online-Händler von seinen Kunden nicht speichern dürfe – etwa „den durchschnittlichen monatlichen Alkoholkonsum“, so Reiners.
Den Vormittag schloss ein kleiner Diskurs zur Zukunft von KMUs mit der Referentin und den Referenten unter der Moderation von Prof. de Witt.
Business Intelligence trifft auf Mobile Learning
Im zweiten Teil der Fachtagung übernahm das Team vom Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards die Moderation. In einer Art World Café gingen die Teilnehmenden an sechs Ständen der Frage nach, welche digitalen Medien sich für Wissenserhalt und -transfer in Unternehmen nutzen lassen.
Wie man Lehrvideos mit Autorentools erstellt, zeigten die FernUni-Expertinnen und -Experten von e-KOO, der Koordinationsstelle für E-Learning und Bildungstechnologien. Weiteres Beispiel: Sonja Bernecker stellte ihr Projekt „Learning at the Point of Danger“ von Dekra Media vor, das mithilfe so genannter eBeacons funktioniert: Der Beacon – deutsch: Leuchtturm – sieht aus wie ein kleiner Radiergummi und sendet Daten zur richtigen Zeit an den passenden Ort. Im Fall der Dekra-Mitarbeitenden sind das deren Smartphones, die sicherheitsrelevante Inhalte auf einer Baustelle anzeigen.
Abschließend konnten die Gäste des Mobile Learning Day die Offene Werkstatt des Kompetenzzentrums eStandards auf dem FernUni-Campus besichtigen.
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- Nachbericht zum Mobile Learning Day im e-KOO-Blog | mehr
- Bericht über die Eröffnung der Offenen Werkstatt | mehr