In allen reichen westlichen
Industrieländern besonders deutlich in Westdeutschland
hat sich in der wohlfahrtsstaatlichen Nachkriegsentwicklung
ein gesellschaftlicher Individualisierungsschub von bislang
unerkannter Reichweite vollzogen, und zwar bei weitgehend
konstanten Relationen sozialer Ungleichheit. Auf dem Hintergrund
eines vergleichsweise hohen materiellen Lebensstandards
und weit vorangetriebener sozialer Sicherheiten wurden
die Menschen in einem historischen Kontinuitätsbruch
aus traditionalen Klassenbindungen und Versorgungsbezügen
der Familie herausgelöst und verstärkt auf sich
selbst und ihr individuelles (Arbeitsmarkt-) Schicksal
mit allen Risiken, Chancen und Widersprüchen verwiesen.
Individualisierung wird dementsprechend als ein historisch
widersprüchlicher Prozess der Vergesellschaftung
verstanden.