Entwicklung eines virtuellen Patienten als Chatbot zur Förderung der digitalen Kompetenzen der Ärzteschaft im Kontext digitaler Gesundheitsanwendungen

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen soll die Versorgungsqualität und Autonomie der Patientinnen sowie Patienten fördern und verläuft doch eher schleppend in Deutschland (Bratan et al., 2022). Gründe hierfür liegen unter anderem in der Skepsis bei den Leistungserbringenden sowie Defiziten in der Schulung des medizinischen Personals im Umgang mit neuen Technologien (ebd.). Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die seit 2019 in Deutschland durch die Ärzteschaft und Psychotherapierende an krankenversicherte Personen verordnet werden können, stoßen bei der Ärzteschaft ebenfalls auf eine gewisse Skepsis (Bundesanzeiger Verlag, 2019; Bitkom, 2020). Die aktuelle Forschung deutet darauf hin, dass der Großteil der Ärzteschaft keine DiGAs verschreiben möchte oder noch Unsicherheiten bestehen (Bitkom, 2020; Dahlhausen et al., 2021). Als Hinderungsgründe wurden primär Informationsdefizite und technologische Unsicherheiten angegeben (Dahlhausen et al., 2021). Entsprechend wird auf die Notwendigkeit einer guten Aufklärung und Verbesserung digitaler Kompetenzen in den Gesundheitsberufen als Grundlage für den Umgang mit digitalen Anwendungen im medizinischen Alltag und der Steigerung der Akzeptanz verwiesen (Bratan et al., 2022; Kirsten et al., 2022; Dahlhausen et al., 2022). Ergänzend sind weitere Forschungen zu den beeinflussenden Faktoren auf die Verordnung von DiGAs notwendig (Dahlhausen et al., 2022; Techniker Krankenkasse, 2022). Die Aufklärung zu DiGAs und Förderung digitaler Kompetenzen könnte durch eine Integration geeigneter Lehrinhalte in das medizinische Curriculum erfolgen denn bisher kommen entsprechende Lerninhalte in der medizinischen Ausbildung kaum vor (Bratan et al., 2022; Neumann et al., 2021). Ein technologisch-methodischer Ansatz dafür können virtuelle Patienten (engl. virtual patient) darstellen. Diese Lerntechnologien bieten eine multimediale Möglichkeit zum Üben klinischer, problemlösender und entscheidungsfindenden Fähigkeiten in praxisnahen Situationen (Sahu et al., 2019). Obwohl die aktuelle Forschung auf das Potenzial von Chatbots als flexible und leicht zugängliche Möglichkeit zur Verbesserung der Fähigkeiten von Medizinstudierenden verweist, ist die Umsetzung solcher Chatbots kaum erforscht (Kaur et al., 2021; Frangoudes et al., 2021).

Entsprechend zielt das kumulative Dissertationsprojekt auf die prototypische Entwicklung eines virtuellen Patienten als Chatbot zur Förderung der digitalen Kompetenzen in der medizinischen Aus- und Weiterbildung im Kontext von digitalen Gesundheitsanwendungen ab. Dabei ist eine gestaltungs- und problemorientierte Vorgehensweise entsprechend des Design-Search-Research (DSR) mit einem Mixed-Methods-Vorgehen geplant (Hevner et al., 2004; Peffers et al., 2007). Das Vorhaben zielt auf drei Forschungsfragen ab, deren Ergebnisse jeweils in (mind.) einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht werden sollen:

F1: Welche Anforderungen bestehen an einen virtuellen künstlich intelligenten Patienten als Chatbot zur Untersuchung und zum Training der Verschreibung von digitalen Gesundheitsanwendungen?

F1 zielt auf die Entwicklung eines Konzepts ab, das Gestaltungsmöglichkeiten für einen virtuellen Patienten-Chatbot zur Untersuchung der Verschreibung und für das Training der Verschreibung von DiGA der Ärzteschaft sowie einen (ersten) Prototyp für den Patienten-Chatbot.

F2: Welche Faktoren beeinflussen die Verschreibungsabsicht der Ärzteschaft für digitale Gesundheitsanwendungen?

F2 zielt auf die Entwicklung eines Models zu den beeinflussenden Faktoren der Verschreibungsabsicht der Ärzteschaft für DiGAs ab, die in einem Online-Experiment mit dem Chatbot identifiziert werden.

F3: Welche Implikationen zur Förderung von digitalen Kompetenzen im Kontext digitaler Gesundheitsanwendungen lassen sich für die medizinische Aus- und Weiterbildung ableiten?

F3 zielt auf die Entwicklung von Implikationen in Form eines (Trainings-)Konzepts und dem virtuellen künstlich intelligenten Patienten-Chatbot zur Förderung der digitalen Kompetenzen in der medizinischen Aus- und Weiterbildung im Kontext von digitalen Gesundheitsanwendungen ab.


Quellen

Bitkom. (2021). Ärzteumfrage: Werden Sie künftig digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verordnen bzw. haben Sie dies bereits getan? [Graph]. In Statista. Zugriff am 11. August 2022, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1201096/umfrage/aerzteumfrage-in-deutschland-zur-verordnung-digitaler-gesundheitsanwendungen/

Bratan, Tanja et al. (2022): E-Health in Deutschland: Entwicklungsperspektiven und internationaler Vergleich, Studien zum deutschen Innovationssystem, No. 12-2022, Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), Berlin; https://www.econstor.eu/bitstream/10419/251366/1/1795368888.pdf

Bundesanzeiger Verlag. (2019). Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz - DVG). Bundesgesetzblatt, Teil I Nr. 49 (vom 09.12.2019). http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl119s2562.pdf

Dahlhausen, F., Zinner, M., Bieske, L., Ehlers, J. P., Boehme, P., & Fehring, L. (2021). Physicians’ Attitudes Toward Prescribable mHealth Apps and Implications for Adoption in Germany: Mixed Methods Study. JMIR mHealth and uHealth, 9(11), e33012. https://doi.org/10.2196/33012

Dahlhausen, F., Zinner, M., Bieske, L., Ehlers, J. P., Boehme, P., & Fehring, L. (2022). There’s an app for that, but nobody’s using it: Insights on improving patient access and adherence to digital therapeutics in Germany. DIGITAL HEALTH. https://doi.org/10.1177/20552076221104672

Frangoudes, F., Hadjiaros, M., Schiza, E.C., Matsangidou, M., Tsivitanidou, O., Neokleous, K. (2021). An Overview of the Use of Chatbots in Medical and Healthcare Education. In: Zaphiris, P., Ioannou, A. (eds) Learning and Collaboration Technologies: Games and Virtual Environments for Learning. HCII 2021. Lecture Notes in Computer Science(), vol 12785. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-77943-6_11

Hevner, A.R., March, S.T., Park, J., & Ram, S. (2004). Design Science in Information Systems. MISQuarterly, 28(1), 75-105

Kaur, A., Singh, S., Chandan, J. S., Robbins, T., & Patel, V. (2021). Qualitative exploration of digital chatbot use in medical education: A pilot study. DIGITAL HEALTH. https://doi.org/10.1177/20552076211038151

Kirsten, N., Augustin, M. & Strömer, K. Digitale Gesundheitsanwendungen und Datenschutz. Hautarzt 73, 391–397 (2022). https://doi.org/10.1007/s00105-022-04980

Neumann, M., Fehring, L., Kinscher, K., Truebel, H., Dahlhausen, F., Ehlers, J. P., Mondritzki, T., & Boehme, P. (2021). Perspective of German medical faculties on digitization in the healthcare sector and its influence on the curriculum. GMS journal for medical education, 38(7), Doc124. https://doi.org/10.3205/zma001520

Peffers, K., Tuunanen, T., Rothenberger, M.A., & Chatterjee, S. (2007). A Design Science Research Methodology for Information Systems Research. Journal of Management Information Systems,24 (3), 45-77

Sahu, P. K., Chattu, V. K., Rewatkar, A., & Sakhamuri, S. (2019). Best practices to impart clinical skills during preclinical years of medical curriculum. Journal of education and health promotion, 8, 57. https://doi.org/10.4103/jehp.jehp_354_18

Techniker Krankenkasse. (2022). DiGA-Report 2022. https://www.tk.de/resource/blob/2125136/dd3d3dbafcfaef0984dcf8576b1d7713/tk-diga-report-2022-data.pdf

Lehrstuhl Winkler | 10.05.2024