Christliche Religion, lateinisches Alphabet, Konstitutionalismus oder Kapitalismus:
in Wirtschaft, Politik und Kultur hat Europa die übrige Welt tief greifend
beeinflusst und transformiert. Gleichzeitig gewann Europa aber auch Klarheit
über sich selber in Auseinandersetzung mit anderen Erdteilen und Kulturkreisen
und veränderte sich durch die Aufnahme von Einflüssen, die über
die kontinentalen Grenzen von außen einströmten. Der Zugriff Europas
auf die Welt erreichte in der "Sattelzeit" einen Höhepunkt, als
sich die Überzeugung durchsetzte, die asiatischen Kulturen, die früher
einmal die Spitze des Fortschritts bildeten, überholt zu haben und die
zivilisatorische Entwicklung anzuführen. Dennoch blieb stets - sogar in
Zeiten des Hochimperialismus - ein Rest von Selbstzweifeln und ein kritischer
Blick auf die eigenen Errungenschaften bestehen, was zu den Besonderheiten Europas
und zu den tieferen Gründen seines Erfolgs gehören mag.
Die Wechselbeziehung zwischen Europa und Übersee war nicht auf das lange
19. Jahrhundert beschränkt, sondern reicht historisch sehr viel weiter
zurück und gewinnt gerade in heutigen Zeiten der Globalisierung erneut
an Dynamik. Europa kam in diesem Verhältnis zwar stets ein zentraler Part
zu, doch gab es weitere Hauptrollen, die Menschen aus der überseeischen
Welt bekleideten. Sie gingen kreativ mit der europäischen Herausforderung
um, verbanden Elemente der Moderne mit eigenen Traditionen und setzten damit
neue soziokulturelle Entwicklungen in Gang. Auch wenn sie gerade im 19. Jahrhundert
vorwiegend als Objekte gesehen wurden, als Objekte, die im eigenen Interesse
zu beherrschen und zu zivilisieren waren, agierten sie tatsächlich als
Gestalter und lieferten sogar Kontrastfolien für europäische Gesellschaftskritik.
Das Modul soll innerhalb des Studiengangs das Verhältnis zwischen Europa und der überseeischen Welt mit Hilfe mehrerer Schlaglichter beleuchten. Die "Ausbreitung der Europäischen Moderne" über die anderen Kontinente ist ein - wesentlicher - Aspekt eines facettenreichen Prozesses, der eine lange Geschichte hat und als Vernetzung beschrieben werden kann. Es geht dabei in Übersee um die "Europäisierung" und ihre Verluste und Opfer ebenso wie um Synkretismen und Inkulturation europäischer Einflüsse; es geht aber auch um Widerstand, Dekolonisation und Neokolonialismus. Mit Blick auf Europa stellt der materielle und ideelle Nutzen, den die Kontakte mit der überseeischen Welt bescherten und die gerade im 19. Jahrhundert an gesellschaftlicher Tiefe und Breite gewannen, die andere Seite der Medaille dar. Das Modul soll in der ersten Hälfte des dritten Studiensemesters (Vollzeitstudium) absolviert werden.
LG
Neuere Europäische und Außereuropäische Geschichte
Prof. Dr. Reinhard Wendt
Tel.: 02331/987-2124
email: reinhard.wendt
Sekretariat: Renate Brinkmann, Tel. 02331/987-2122
email: renate.brinkmann
Wahlpflichtkurse (8 SWS sind zu wählen): | ||
04115 | Europa und die Welt im langen 19. Jahrhundert | 2 SWS |
04111 | Australian History and Society | 2 SWS |
04172 | Lateinamerika: Emanzipation und neue Abhängigkeit | 2 SWS |
04116 | Westliche Wirtschaftsinteressen und globale Migration: Diasporen und Minderheiten in der außereuropäischen Welt | 2 SWS |
04202 | Übersee in unserem Alltag. Die Rückwirkung der Europäischen Expansion seit dem 16. Jahrhundert | 2 SWS |
04179 | Politischer Islam | 2 SWS |
Hausarbeit, Klausur oder mündliche Prüfung
Ab dem SS 2010 können die Prüfungen zu den Modulen "alter Art" nicht mehr online angemeldet werden. Bitte senden Sie zur Prüfungsanmeldung fristgerecht eine formlose E-Mail an antje.dahlmann-mueller.
Den Klausurtermin finden Sie unter Aktuelle Informationen aus dem Prüfungsamt.